GELD-Magazin, April 2020

E inen kühlen Kopf bewahren und langfristig an Vermögenserhalt bzw. -Vermehrung denken, das ist das originäre Geschäft von Privatbanken. Des- halb ist es besonders interessant, wie die In- vestmentprofis in der noch nie dagewesenen Coronakrise agieren. Ökonomie: Die Hoffnung lebt Dass die Pandemie die gesamte Weltwirt- schaft vor enorme Herausforderungen stellt, muss nicht extra unterstrichen werden. Dazu kommentiert Harald P. Holzer, Vor- stand der Kathrein Privatbank: „Die globa- len medizinisch notwendigen aber massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens bringen ganze Sektoren wie Tourismus und Luftfahrt zum Erliegen und verursachen ei- nen volkswirtschaftlichen Schock, der in sei- ner Schwere mit der Finanzkrise von 2008/09 vergleichbar ist und eine globale Rezession erwarten lässt.“ In weiterer Folge wird ein starker Anstieg bei der Arbeitslosig- keit zu verzeichnen sein, privater Konsum und auch private Investitionen dürften auf- grund der massiven Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Krise stark rückläufig sein. Holzer: „Ob sich daraus eine handfeste Wirtschaftskrise entwickelt, hängt davon ab, wie lange der aktuelle Ausnahmezustand noch andauern wird und wie tief die wirt- schaftlichen Einschnitte noch werden. China befindet sich im dritten Monat nach den er- sten Quarantäne-Maßnahmen und es gab die ersten Tage ohne Neuinfektionen von Einheimischen. Dieser Zeitraum wäre aus heutiger Sicht auch für Europa und die USA einigermaßen verkraftbar.“ Es gibt also auch Hoffnungsschimmer. So weist Harald Fried- rich von der Liechtensteinischen Landes- bank Österreich darauf hin, dass die Erfah- rungen aus China und auch Südkorea dafür sprechen, dass extreme Schritte, wie sie jetzt in immer mehr Ländern gesetzt werden und wir sie in Österreich bereits seit dem 16. März erleben, schon nach Wochen und nicht erst Monaten Wirkung zeigen: „Insofern BANKING . Strategie der Privatbanken Nicht auf Aktien vergessen! Der Schock an den Finanzmärkten durch Corona sitzt tief, das GELD-Magazin hat bei den Anlageexperten von exklusiven Privatbanken nach deren Strategie gefragt. Vorweg: Qualitätsaktien sind zumindest eine Überlegung wert. HARALD KOLERUS sollte auch in Europa und den USA die Pro- duktion und der Dienstleistungssektor in fünf bis acht Wochen langsam wieder hoch- gefahren werden können. Dies ist ein Zeit- raum, der durch Überbrückungsliquidität von Staaten, Senkung der Eigenkapitalmin- Credits: beigestellt; Archiv Harald P. Holzer, Vorstand der Kathrein Privatbank US-Hochzinsanleihen High-Yield-Bonds aus den Vereinigten Staaten weisen ein hohes Exposure zu den Fracking-Firmen auf, die unter dem stark gefallenen Ölpreis leiden. Experte Holzer warnt: „Hier erwarten wir eine hohe Aus- fallsrate.“ Gold Das Edelmetall bewies sich einmal mehr als wichtiges Diversifikationselement in Krisenzeiten und sollte immer ein fixer Be- standteil jeder Veranlagung sein. Globale Qualitätsaktien Den Fokus sollte man dabei auf Unterneh- men legen, die langfristig und nachhaltig Gewinne erwirtschaften und somit auch in der Vergangenheit hohe Dividenden aus- gezahlt haben. Solche Titel weisen in der Regel eine solide Bilanz auf. „Wir haben Aktien zwei- mal reduziert. Attraktiv bewertete globale Qua- litätstitel aus den Bran- chen Versorger, Telekom und Basiskonsumgüter erscheinen aber interes- sant.“ Harald Friedrich, Stv. Vorstands- vorsitzender LLB Österreich Italienische Staatsanleihen Auch wenn die EZB mit ihrem Anleihekauf- programm kurzfristig jede Spekulation gegen italienische Staatsanleihen unter- binden wird, sorgt deren Rendite im zehn- jährigen Breich für ein äußerst schlechtes Chancen-Risikoverhältnis. High-Yield-Corporate Bonds Obwohl die Kurse seit Jahresbeginn um fast 20 Prozent gefallen und die Renditen bis Endfälligkeit auf rund zehn Prozent gestie- gen sind, bleibt Vorsicht geboten. Aktien und Emerging Markets Bonds Anleihen aus Schwellenländern sind durch Corona und vor allem durch den Öl-Streit deutlich unter Druck geraten – diese Kor- rektur fiel jedoch in einem übertriebenen Umfang aus. „Die Aktienmärkte bieten in unseren Augen aktu- ell mit Abstand die besten Chancen der letzten fünf Jahre, nun wäre ein deut- liches Aktienübergewicht angebracht. “ 24 . GELD-MAGAZIN – April 2020

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