GELD-Magazin, September 2019

In Ihrem neuesten Buch „Kurz und Kickl. Ihr Spiel mit Macht und Angst“ finden Sie deutliche Worte und schreiben zum Beispiel: „Mit der von ihr kontrollierten Sicherheitsbehörde wollte die FPÖ vom Anfang dieser Regierung an den Weg in den autoritären Staat vorgeben.“ Haben Sie nicht die Befürchtung, dass solche Behauptungen klagbar sind? HELMUT BRANDSTÄTTER: Ich bin selbst stu­ dierter Jurist, habe mich aber mit anderen Rechtskundigen abgesprochen. So heißt ein Kapitel: „Der BVTSkandal Kickls schlei­ chender Putsch?“ Also mit Fragezeichen am Ende.Aber vermutlich wäre die Formulierung auch als Aussagesatz nicht angreifbar gewe­ sen. Ich habe jedenfalls keine Bedenken wegen rechtlicher Konsequenzen. Kickl sagte auch, dass er das Buch lesen würde, Klagen sind aber ausgeblieben. Gab es sonst politische Reaktionen von ÖVP oder FPÖ auf die Publikation? Nicht auf offiziellem Wege, hinter meinem Rücken habe ich aber Statements mitbekommen wie „schauen wir einmal, wo wir den Brandstätter erwischen.“ Es geht also ums „Anpatzen“, ich habe aber im­ mer meine Steuern bezahlt, führe auch sonst ein kor­ rektes Leben und habe daher mit gutem Recht ein reines Gewissen. Kommen wir zu den Kernaussagen des Buchs zurück, warum glauben Sie, dass Kickl einen „schleichenden Putsch“ vor- bereitet hat und Österreich in ein autori- täres System umwandeln wollte? Kickl hat sich sehr bewusst darauf vorbe­ reitet, das BVT auf diese Art und Weise zu zerschlagen, wie wir das gesehen haben. Er zeigte sich in einigen Aussagen auch stolz darauf und verwies auf ein schwarzes Netz­ werk im BVT. Es war von Anfang an klar, dass die FPÖ den Staat von Grund auf verändern und Kurz vor allem an der Macht sein wollte. Langfristiges Ziel war es, die Demokratie in unserem Land sukzessive abzuschaffen, was man am besten tut, indem man de­ mokratische Institutionen schwächt. Das hat übrigens bereits unter Jörg Haider be­ gonnen, der sich etwa über die Justiz lustig gemacht hat. Angriffe auf die Justiz sehen wir auch heute wieder, außerdem wird die Freiheit der Medien von Kickl & Co. in Fra­ ge gestellt. Nicht zuletzt hat das IbizaVideo sehr deutlich vor Augen geführt, wohin die Reise gehen soll. Hier spricht Strache klar aus, dass er sich ein Politik und Medien­ system nach dem Vorbild von Viktor Orbán in Ungarn wünscht. Wobei ich allerdings Kickl als das eigentliche Mastermind der FPÖ bezeichnen möchte, er geht strate­ gischer vor als Strache. Apropos Medienfreiheit, Sie berichten auch von versuchter Beeinflussung unter der Regierung Kurz, als Sie noch Heraus- geber des Kurier waren. Was ist hier genau passiert? An mich wurde herangetragen, dass der Kurier „auf Linie gebracht“ werden müsse CREDIT: Ivanan Jovic 18 | GELD-MAGAZIN – SEPTEMBER 2019 Er ist einer der prominentesten Journalisten Österreichs und tritt jetzt für die Neos an: Helmut Brandstätter hat aber auch ein Buch geschrieben, das es in sich hat. Er stellt die Vermutung an, dass unter Innenminister Kickl ein „schleichender Putsch“ vorbereitet wurde. Starker Tobak. Harald Kolerus Österreich als autoritärer Staat – ist das denkbar? KURZ & KICKL. IHR SPIEL MIT MACHT UND ANGST Helmut Brandstätter.Verlag: K&S. 207 Seiten. ISBN: 978-3-218-01192- oder dass ich selbst mich „drei Schritte von Christian Konrad“ (ehemaliger Raiff­ eisenVorstand und Flüchtlingskoordinator, Anm.) entfernt halten sollte. Versuchte Beeinflussung auf Medien sind nun kein neues Phänomen, in so einer Form habe ich sie früher allerdings nie erlebt. Dazu muss man sich auch die Rahmenbedingungen vor Augen halten: Der Druck auf Journalisten ist brutaler geworden, wer heute seinen Arbeitsplatz verliert und 45 Jahre oder äl­ ter ist, findet keine adäquate Stelle mehr. Das war vor 10 oder 20 Jahren noch an­ ders, auch deshalb ist die Angst unter Journalisten gestiegen. Damit spielen Kurz und Kickl. Kann man genauer eingrenzen, wer Sie „auf Linie“ bringen wollte? Diese Versuche kamen eindeutig aus der Umgebung von Sebastian Kurz. Er selbst ist hier nicht an mich herangetreten. Bleiben wir noch beim Thema Beeinflussung bzw. Druck auf Medien und Journalisten. Inwiefern sind Sie mit sogenannten Hass-Postings konfrontiert und wie gehen Sie damit um? Wenn ich persönlich attackiert werde, halte ich das aus, auch würde ich in meinem Fall nicht so sehr von HassPostings sprechen, sondern vielmehr von sehr, sehr kritischen Botschaften. Als aber an den Kurier gerich­ tete Postings davon sprachen, man solle Flüchtlinge erschießen lassen oder sie sollten am besten im Mittelmeer „ersaufen“, haben wir das zur Anzeige gebracht. Auch hatte ich selbst juristische Schritte einge­ leitet, als ich bemerkte, dass Leute von der

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