GELD-Magazin, Juli/August 2019

Tresoren hat, könnten zwar verkauft werden, doch für die USA wäre das kein Problem. Als Folge der Finanzkrise hat die US-Fed Assets im Wert von 4,5 Billionen Dollar auf- gekauft. Es wäre kein Problem, weitere 1,2 Billionen aus China gegen frisch gedruck- te Dollar dazu zu nehmen. Einzig der Dollar würde etwas unter Druck kommen. Doch die globale Weltleitwährung ist immer noch der Greenback. Die USA können nach Belieben Geld drucken und jedes Problem mit Hil- fe der Notenbank lösen. Demgegenüber ist China auf einen ständigen Kapitalzufluss, auch von außen, angewiesen. Ist US-Präsident Trump nun ein Verrückter oder einfach ein rational denkender Machtpolitiker? Letzteres ist der Fall. Im Verhältnis zu China setzt er zum Glück auf einen Handelskrieg statt auf einen militärischen Konflikt. Er han- delt rational, obwohl er sich nach außen perfekt als unberechenbar gibt. Viele seiner Maßnahmen galten und gelten der Vorbe- reitung einer harten Auseinandersetzung mit China. Er macht einfach die Schotten dicht, indem er US-Konzerne ermuntert, Bil- lionen Dollar an Gewinnen im Ausland zu repatriieren und damit die Bilanzen zu stär- ken. Gleichzeitig wurden die Steuersätze für Unternehmen stark gesenkt, Industrie- aktivitäten in die USA zurückverlagert und hohe Infrastrukturinvestitionen angekündigt. Wenn auch als Folge der (Zoll-)Maßnahmen die US-Wirtschaft in eine Rezession stürzen sollte, weil Chinas Konjunktur abstürzt, so hat Trump doch dafür gesorgt, dass die USA – bestmöglich vorbereitet – schlussendlich sogar davon profitieren können. Sie werden die Nummer eins bleiben, wenn auch nur nach hartem Kampf um die Vorherrschaft. Wie agieren Sie in einem solchen Umfeld als Fondsmanager? Indem ich mein Augenmerk auch auf den geostrate- gischen Überbau richte und nicht nur auf die Wirt- schaft. Denn die politische Macht steht über der Wirt- schaft – auch, was die US-Riesenkonzerne im Technologiebereich an- geht. Im Jahr 2018 war ich beim ‚Dirk Müller Premium Aktien‘ fast das ganze Jahr weitgehend abgesichert – und der Fonds wurde zum besten global anlegenden deutschen Aktienfonds ge- kürt. Meine Taktik geht dahin, bei stärkeren Kurseinbrüchen meine Absicherungsgewinne mit- zunehmen und mit dem Geld in hochwertige, nun aber billiger gewordene Unternehmen zu investie- ren. Ich habe schon Anfang 2008 vor einem heraufziehenden Börsen- Unwetter gewarnt. Punktgenau vorhersagen lässt sich ein Crash natürlich nicht, aber es gab deutliche Indizien dafür – vor allem die fundamentale Schwäche am US-Immobili- enmarkt. Auch jetzt gibt es wieder Indizien, eines ist die hohe Verschuldung. Das Volumen aus- stehender ‚Leveraged Loans‘ (Kredite, die als Gewinnhebel bei Private Equity- und an- deren Transaktionen eingesetzt werden) ist mehr als doppelt so hoch wie die Subpri- me-Hypotheken 2007. Jetzt fehlt nur eine China-Krise und ein lokaler Krieg, und schon würde es bedenklich im Gebälk knirschen. Viele US-Unternehmen könnten wegen ihrer Kreditschulden in Schieflage geraten. Auch Private Schuldner könnten ein böses Erwa- chen erleben. Ein Börsenabsturz wäre dann Juli/august 2019 – GELD-MAGAZIN | 47 ebenso möglich wie ein Krieg der USA ge- gen den Iran. Wie sieht Ihr Ausblick aus? Einige starke Trends werden weitergehen, etwa die Cloud oder der E-Commerce. Zwar ist auch mir die Macht einiger US-Techno- Riesen wie Amazon, Facebook oder Google zu groß, aber eine verschärfte staatliche Re- gulierung, womöglich mit einer Zerschlagung der Konzerne, könnte sich für Anleger durch- aus attraktiv erweisen. Denn man kann sich ausrechnen, dass in einem solchen Fall die Summe der Einzelteile mehr wert sein wür- de, als das gesamte Unternehmen – etwa bei Amazon ein ausgelagerter Cloud-Bereich und das verbliebene Handelsgeschäft. www.cashkurs.com Dirk Müller, Fondsmanager und Betreiber der Internetseite www.cashkurs.com Dirk Müller, Cashkurs.com | interview

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