GELD-Magazin, Juli/August 2019

Wie sind Sie zum Fondsmanager geworden? dirk müller: Als amtlicher Kursmakler war ich vom Staat vereidigt – auf die Neutralität zwischen Käufer und Verkäufer zu achten, zwischen denen ich als Vermittler aufgetre- ten bin. 2009 bin ich zur Selbstständigkeit gewechselt, wobei dies ein allmählicher Pro- zess war. Es kamen immer mehr Anfragen für Vorträge, doch die Zahl der interessanten Themen war sehr groß und die Zeit zu kurz, um alles unterzubringen. Daher habe ich begonnen, meine Erfahrungen aufzuschrei- ben, Hand-outs zu verteilen und einen Blog gestartet. Davon hat dann ein Verlag Wind bekommen und wollte unbedingt ein Buch daraus machen und es verlegen. ‚C(r)ash- kurs‘ wurde zum erfolgreichsten deutschen Börsenbuch des Jahres 2009. Daraus ist der Finanzinformationsdienstleister Finanz- ethos mit dem Markenkern ‚Cashkurs.com‘ entstanden, um die Inhalte des Buches ta- gesaktuell fortzuführen. Die Idee, einen eigenen Aktienfonds aufzu- legen, kam erst mit der Zeit. Denn 30 bis 40 Unternehmen ständig überwachen und nach attraktiven neuen Investments Ausschau zu halten, das schafft man nicht allein, da be- nötigt man kompetente Mitarbeiter. Daher wurde der ‚Dirk Müller Premium Aktien‘ im April 2015 aufgelegt. Das Fondsvolumen ist seither auf 180 Millionen Euro angestiegen. Welchen Anlagestil verfolgen Sie? Im Gegensatz zu meiner Zeit als Börsen- händler mit all den Tools wie Day-Trading oder Sekundenhandel, wage ich keine Spe- kulationen auf kurze Sicht. Ich suche nach Unternehmen, deren hohe Qualität und gut dank des Außenhandels stark zu expandie- ren. China wurde mit US-Wirtschaftshilfe zu einem Gegenpol zu Russland aufgebaut, um Russland geografisch einzudämmen, ähn- lich wie Westeuropa und Japan. Doch die USA machten die Rechnung ohne den Wirt. China begann sich immer stärker zu fühlen und gab – im Gegensatz zu Westeuropa und Japan – eines Tages die Losung aus: ‚Wir wol- len und können selbst eine Supermacht, die globale Nummer eins, werden.‘ Der Lehrling fordert den Meister heraus. Noch ist es aber ein sehr ungleiches Kräftemessen. So verfü- gen die USA nicht nur über die mit Abstand größte Militär- und Wirtschaftsmacht der Welt, sie haben darüber hinaus eine Allianz aus EU, Großbritannien, Australien, Kanada, Japan, Südkorea und vielen anderen ge- formt, wogegen China allein dasteht (wenn man von Nordkorea absieht). Zudem verfü- gen die USA über die Weltleitwährung, ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Ich glau- be daher, dass es China nicht gelingen wird, dem US-Hegemon seine Position abzuneh- men und zum Weltleader aufzusteigen. Wie schätzen Sie China wirtschaftlich ein? Da sehe ich große Probleme auf das Land und damit auch auf uns zukommen. Chinas Wirtschaft ist eine riesige Finanzblase. Die Notenbank muss ständig Geld nachschie- ßen, unter anderem auch, um eine Reihe großer staatlicher Unternehmen, die sich in Zahlungsschwierigkeiten befinden, vor der Pleite zu retten. Banken verschieben ihre Bi- lanzen. China hat nicht viele Mittel gegen die USA in der Hand. Die 1,2 Billionen Dollar, die China an US-Staatsanleihen in seinen credit: beigestellt 46 | GELD-MAGAZIN – Juli/august 2019 Jahrzehntelang war er als Parketthändler für Anleihen und dann auch für Aktien an der Frankfurter Börse erfolgreich – und erwarb sich zu Recht seinen Spitznamen „Mr. DAX“. Vor einigen Jahren ist Dirk Müller jedoch vom Aktienhändler zum Fondsmanager geworden und auch als Buchautor erfolgreich. Wolfgang Regner Im Machtpoker China gegen die USA werden die Amerikaner siegen kalkulierbare Gewinntrends es mir ermög- lichen, mich von den vielen Verrücktheiten der Finanzmärkte abzuheben, ja diese für meinen Fonds auszunutzen. Ich will zeigen, dass Aktien eine seriöse Anlageform sind, wenn man etwas Risiko herausnimmt – be- sonders, wenn die Situation gefährlich zu werden droht. Derzeit ist der Fonds zu 100 Prozent abgesichert. Wie wird der Handelskrieg zwischen den USA und China ausgehen? Es geht in dem Zoll-Hickhack nicht um wirt- schaftliche Fragen, sondern glasklar um nichts weniger als die Weltherrschaft in geostrategischer Hinsicht. Es gab in der Ge- schichte bis Mitte des vorigen Jahrhunderts keine Epoche, in der eine Macht die Welt- herrschaft innegehabt hätte. China und Rom waren nur regionale Großmächte. Die erste Supermacht nach dem Zweiten Weltkrieg waren die USA. Was man aber aus der Geschichte lernen kann: Immer, wenn eine aufstrebende Macht den etablierten Platzhirschen he- rausfordert, wie z.B. Athen Sparta, so kommt es zum Krieg, in der Antike war es der Pe- loponnesische Krieg. Den ersten echten globalen geostrategischen Machtkampf gab es zwischen der UdSSR und den USA. Die Amerikaner setzten alle Mittel ein, vor allem eine gewaltige Aufrüstung, und zwan- gen so Russland in die Knie. Seither sind die USA die erste und einzige globale Su- permacht. Und das wollen sie auch bleiben, mit allen Mitteln. Ironischerweise haben die USA dem nunmehrigen Herausforderer China ab den 1970er-Jahren dabei ge- holfen, seine Wirtschaft zu entwickeln und

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