GELD-Magazin, Nr. 1/2024

MÄRKTE & FONDS . Experten-Umfrage 2024 Vorsichtiger Optimismus Investoren preisen Zinssenkungen ein, obwohl die Zentralbanken weiterhin wachsam gegenüber einer hartnäckigen Inflation sind. Die Chancen für eine sanfte Landung sind nach wie vor gering, viele Risiken werden derzeit nicht berücksichtigt. WOLFGANG REGNER Credits: Ashutosh/stock.adobe.com; Archiv/beigestellt bei einem Wachstum von nur 1,3 Prozent für die USA und gar nur 0,5 Prozent für die Eurozone. Angesichts der notorischen Fehlerquote bei derartigen Prognosen ist also auch eine Rezession nicht vom Tisch. Keine „Goldlöckchen-Wirtschaft“ Die Hoffnungen der Anleger gegenüber den Zentralbanken sind sehr hoch. Ende Dezember 2023 wurde erwartet, dass die Fed ihre erste Zinssenkung im März 2024 vornehmen und die Zinsen für das gesamte Kalenderjahr um 1,5 Prozent senken würde. Dies ist viel zu optimistisch. Sowohl an den Aktien- als auch an den Anleihemärkten ist ein Idealszenario (Goldlöckchen-Ökonomie, also Wachstum bei sinkender Inflation und stabilen Gewinnmargen) eingepreist. Woher zusätzliches Kurspotenzial herkommen soll, erschließt sich dem kritischen Beobachter nicht wirklich. Ja, die Rede ist vom wunderbaren Potenzial für Produktivitätssteigerung durch die Künstliche Intelligenz (KI). Doch gerade in diesem Segment sind die Kursauswüchse am ärgsten. Barnaby Wiener, Fondsmanager bei MFS Prudential, verpasst KIFans eine kalte Dusche: „Ich glaube, dass KI manchen Unternehmen extrem nützt und anderen die Totenglocke läutet. Die meisten Investoren, die auf das Thema setzen, werden aber wohl völlig falsch liegen.“ Denn der Markt scheitert meist bei der Identifikation von Gewinnern und Verlierern. Bei Anleihen scheint das High Yield-Segment besonders anfällig zu sein – im Falle einer Rezession können hier nicht bloß Kursverluste von 30 bis 50 Prozent wie bei den „Magnificent Seven“ eintreten, sondern Totalverluste durch Forderungsausfälle. Es muss keineswegs so schlimm kommen: Doch alles, was besser ist, steckt schon in den Kursen. BUFFETT-INDIKATOR Der Buffett-Indikator, auch bekannt als „Market capitalization to GDP-Ratio“, ist eine Aktienbewertungskennzahl. Sie wurde ursprünglich von Warren Buffett für die Bewertung des US-Aktienmarktes entwickelt. 2001 erklärte Warren Buffett, dass man Aktien dann kaufen soll, wenn sie sich in der Nähe des Levels zwischen 80 und 70 Prozent befinden. Ein Kauf von Aktien in der Nähe von 200 Prozent hingegen sei wie ein „Spiel mit dem Feuer“. Kurz zuvor war die erste Internetblase geplatzt. 1990 2000 2010 0% 250% 200% 100% 150% 50% 2020 Historischer Durchschnitt Für 2023 gingen die Erwartungen von einer schrumpfenden US-Wirtschaft aus, doch letzten Endes wurden es plus 2,4 Prozent. Der US-Verbraucher trug weiterhin zum Wachstum bei, und der Arbeitsmarkt blieb robust. Doch der US-Konsument ist weit weniger zahlungskräftig als in früheren Perioden. „Die Überschüsse aus der Pandemieversorgung sind aufgebraucht, und die Kreditkartenschulden hoch. Da stellt sich die Frage, ob der Konsum im gleichen Tempo fortgesetzt werden kann. Unternehmen haben die Auswirkungen früherer Zinserhöhungen noch nicht in vollem Umfang zu spüren bekommen, da viele ihre Verschuldung über längere Zeiträume festgeschrieben haben. Die Zahlungsausfälle haben bei Verbrauchern und Unternehmen bereits zugenommen. Die im Vergleich zum letzten Jahrzehnt niedrigeren Verschuldungsraten deuten zwar nicht auf eine Krise hin, könnten aber das Wachstum erheblich bremsen“, analysiert Oliver Blackbourn, Portfolio Manager, Janus Henderson Investors. Die Konsenserwartungen liegen für dieses Jahr 24 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 1/2024

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