GELD-Magazin, Nr. 2/2023

Der große „Wumms“ ist da Ein Thema, das uns heute alle bewegt, ist die extreme Inflation, wie wird es hier weitergehen? Es ist eine gewisse Entspannung zu beobachten, allerdings sehe ich vier bedeutende Prozesse, die auch in Zukunft für eine dauerhaft hohe Inflation sprechen. Erstens ist die demografische Entwicklung, besser gesagt, die demografische Krise zu nennen. Die Gesellschaft wird immer älter und die Baby-Boomer-Generation tritt in den Ruhestand ein. Das drückt sich bekanntlich in einem deutlich spürbaren Arbeitskräftemangel an allen Ecken und Enden aus. Alleine in Deutschland gehen bis 2040 rund acht Millionen Menschen in Rente, für die sich kein Ersatz am Arbeitsmarkt abzeichnet. Es entsteht daher ein gewaltiges Loch, womit der Druck auf die Löhne zunimmt. Die Lösung dazu lautet, dass die Gehälter steigen. Ich meine: Das ist auch gut so, denn in den vergangenen 40 Jahren herrschte der Trend vor, dass die Lohneinkommen schwächer gewachsen sind als die Gewinneinkommen, das kehrt sich nun ein Stück weit um. Höhere Gehälter werden aber die Inflation antreiben. Was ist der zweite Treiber der Teuerung? Dabei handelt es sich um die Tendenz zur De-Globalisierung. Hier zeigt sich der Merkantilismus wieder quicklebendig: Handelsbeschränkungen, Zölle usw. kommen zurück. Auch sehen wir eine sehr starke Forcierung der Industriepolitik in gewichtigen Wirtschaftsregionen, denken Sie etwa an den „Inflation Reduction Act“ in den Vereinigten Staaten oder den „Green Deal“ in der EU. Jedenfalls hat die De-Globalisierung zur Konsequenz, dass nicht mehr dort produziert wird, wo es am günstigsten wäre. Das verschlingt Geld, macht die Produkte teurer und befeuert somit die Inflation. Außerdem wurde die Lagerhaltung zuvor durch globale Zulieferer ausgelagert, ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Automobilindustrie. Das wird es nach den Erfahrungen mit fehlenden Elektrobauteilen nicht mehr geben und der jetzt notwendige Lageraufbau bzw. Lagerhaltung kosten Geld und treiben die Inflation an. Und wie sieht es mit der dritten Ursache für anhaltend hohe Inflation aus? Es geht um die grüne Wende, die ich ausdrücklich unterstütze. Zu bedenken ist allerdings, dass dadurch der Bedarf an Rohstoffen, auch an „schmutzigen“, steigen wird. So benötigen etwa Elektro-Autos große Mengen an Kobalt, der Kupferbedarf wächst ebenfalls. Die Nachricht für Investoren lautet an dieser Stelle: Rohstoffe werden wieder attraktiv, weil teuer. Gleichzeitig unterstützt das natürlich die Inflationstendenz nach oben. Fehlt noch ein Inflationstreiber ... Das ist der Abschied von der Austeritätspolitik, die lange Zeit als Inbegriff des nachhaltigen Wirtschaftens gegolten hat. Heute ist davon keine Rede mehr. Überall werden Sondervermögen und diverse „Töpfe“ installiert. Es wird soviel Geld ausgegeben, dass eine neue Maßeinheit aus der Taufe gehoben wurde: Der „Wumms“ steht für 100 Milliarden Euro, auch der „Doppelwumms“, also 200 Milliarden Euro, wurde geboren. Inflationstreibende Auswirkungen müssen da wohl nicht extra hervorgehoben werden. Was bedeutet das für die Zinsen? Ich meine, dass sich die Kerninflation im Vergleich zur Vergangenheit auf rund drei Die Zeiten für passive Investments werden härter, denn disruptive Prozesse bestimmen dieWirtschaft. Das meint Bantleon-Experte Harald Preißler. Außerdem erklärt er, was es mit dem „Wumms“ auf sich hat. HARALD KOLERUS Credit: beigestellt „Aktien verlieren an Attraktivität“, glaubt Harald Preißler, Kapitalmarktstratege bei Bantleon. 28 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 2/2023 INTERVIEW . Harald Preißler, Bantleon

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