GELD-Magazin, Nr. 1/2023

Kleines Lexikon Rezession Sie liegt vor, wenn das BIP-Wachstum in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen negativ ist. Genau genommen spricht man dann von einer „technischen Rezession“, die gar nicht so selten und wenig dramatisch ist. Denn auf die Phase des Rückgangs folgt in der Regel wieder der Aufschwung. Schlimm ist hingegen eine „tiefe Rezession“. Hier kommt es zu breiten Problemen am Arbeitsmarkt, in Industrie, Handel etc. So eine scharfe Rezession soll 2023 aber laut der überwiegenden Mehrheit der Ökonomen nicht auf uns zukommen. Depression Die wirtschaftliche Depression kann auf die Rezession folgen. Im Gegensatz zur Rezession geht das Volkseinkommen absolut zurück. So ein Szenario ist aber nicht in Sicht. Stagflation Darunter ist das gleichzeitige Auftreten von wirtschaftlicher Stagnation (inklusive hoher Arbeitslosigkeit) und Inflation zu verstehen. Erfreulich ist in der aktuellen Situation, dass sich der Jobmarkt als robust erweist. Das Phänomen der Stagflation ist im Zuge des OPEC-Ölpreisschocks der 1970er Jahre aufgetreten und geistert seither als Schreckgespenst herum. Gegenwärtig dürften die Energiepreise ihren Höhenflug aber nicht so lange fortsetzen, in einigen Bereich sind sie sogar schon gefallen. Somit verliert die Angst vor der Stagflation ihre Schärfe. übertrieben. Die Notwendigkeit hier entgegenzusteuern sehe ich nicht. Denn mit den längeren Phasen schwachen Wachstums und hoher Inflation aus den 1970er Jahren lässt sich die aktuelle Situation nicht vergleichen, weil der Schock auf die Energiepreise kurzfristiger ist. Hier ist wie erwähnt ab dem Frühjahr Entspannung in Sicht und die Wirtschaft sollte anziehen.“ Gebremste Inflation Das GELD-Magazin wollte auch von Karsten Junius, Chef-Ökonom bei J. Safra Sarasin, wissen, für wie wahrscheinlich er das Szenario einer Stagflation hält? Der Fachmann: „Aktuell befinden wir uns eher in einer Disinflationsphase, also in einer Zeit, in der die Inflationsraten tendenziell fallen. Die nun wieder niedrigeren Energiepreise werden dazu beitragen, dass diese Phase bis Mitte des Jahres anhält. Dies gibt den Finanzmärkten zunächst einmal etwas Schwung, da die Furcht vor weiteren starken Zinserhöhungen der Zentralbanken zurückgeht.“ Der Experte zeigt sich aber skeptisch, ob der Inflationsrückgang schnell und stark genug ist, dass die Zentralbanken sich keine Sorgen mehr über Zweitrundeneffekte zu machen brauchen: „Die Arbeitskräfteknappheit ist weiter sehr hoch, sodass höhere Tarifabschlüsse nicht verwundern würden. Dies würde die Nachfrage zwar stabilisieren, aber auch den Inflationsdruck hoch halten.“ Mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung dies- und jenseits des Atlantiks meint Junius: „Das Wachstum in den USA wird unseren Prognosen nach in diesem Jahr mit minus 0,4 Prozent deutlich niedriger ausfallen als im Euroraum mit plus 0,5 Prozent. Dazu trägt stark die restriktivere Geldpolitik der Fed bei, von der wir starke Bremswirkungen bereits am Immobilien- und Bausektor beobachten können. Das verarbeitende Gewerbe schwächelt ohnedies schon. Eine Rezession halten wir in den USA daher für sehr wahrscheinlich. In Europa, wo bislang die Energiepreise die größte Gefahr für die Konjunktur waren, könnten wir auch dank einer stärkeren Nachfrage aus China um eine Rezession knapp herumkommen.“ Zeitreise in die 70er Aber kehren wir nochmals zum Ausgangspunkt Stagflation zurück: Was bedeutet niedriges Wachstum bzw. Rezession plus Inflation für die Volkswirtschaft und Notenbankpolitik? Gibt es dazu auch historische Beispiele? Junius: „Konjunkturelle Abschwünge hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Sie müssen aber nicht jedes Mal so dramatisch sein wie nach dem Platzen der Immobilienpreisblase vor rund 15 Jahren. Damals haben eine hohe Verschuldung der privaten Haushalte zuEs mehren sich die Anzeichen dafür, dass Österreich über das Gesamtjahr 2023 gesehen nicht in die Rezession stürzen wird. Im vierten Quartal 2022 schrumpfte das BIP, auch im heurigen ersten Quartal ist ein Rückgang zu erwarten. Dann sollte die Konjunktur aber leicht anziehen. BIP Österreich: Abgesagte Rezession Ausgabe Nr. 1/2023 – GELD-MAGAZIN . 9 Quelle: Statistik Austria, WIFO-Berechnungen Saison- und arbeitstagsbereinigt, gemäß Eurostat-Vorgabe 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% -2% -4% -6% -8% -10% -12% -14% 0% Veränderung ggü. dem Vorquartal Veränderung ggü. dem Vorjahr

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