GELD-Magazin, Nr. 1/2023

Wachstum lässt nach, aber neue Investmentchancen öffnen sich Die Welt dürfte in keine tiefe Rezession stürzen, das Konjunkturtempo verlangsamt sich aber, das meint Carmignac-Experte Abdelak Adjriou. Die Öffnung Chinas sieht er positiv. Wenn einem der Taxi-Fahrer am Flughafen mit den Worten begrüßt, dass gerade Generalstreik in Schulen und öffentlichem Verkehr herrscht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man sich gerade in Frankreich befindet. So war es auch Ende Jänner, als die Vermögensverwaltungsgesellschaft Carmignac zu ihrer jährlichen internationalen Pressekonferenz in Paris lud. Das GELD-Magazin streikte nicht und folgte den Ausführungen der Anlageexperten. Eine der Kernbotschaften lautete, „dass sich der Wachstumsmotor der Weltwirtschaft vom atlantischen Block, also Europa und den Vereinigten Staaten, nach China verlagern wird“, wie Raphaël Gallardo, Chefökonom des Unternehmens, meinte. An der Inflationsfront gibt es nur beschränkte Entwarnung: Der Druck lasse jetzt zwar nach, in den kommenden Jahrzehnten sei aber mit einer strukturell hohen Teuerung zu rechnen. Wie Investoren damit umgehen können, erklärte Fondsmanager Abdelak Adjriou im one-to-one Interview Wie sieht der Wirtschaftsausblick von Carmignac für das heurige Jahr aus? Der geringere Inflationsdruck dürfte den Konsum im ersten Halbjahr stützen. Wir erwarten aber, dass sich das globale Wachstum 2023 verlangsamen wird, wobei sich die treibende Kraft von den Vereinigten Staaten nach China und in geringerem Maße nach Europa verlagern wird. Ist die Gefahr einer schweren Rezession somit schon wieder abgeklungen? In Europa geben uns der milde Winter, eine großzügige steuerliche Unterstützung und die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen Hoffnung auf eine nur moderatere Rezession im ersten Quartal. In den USA werden wir eine Rezession erst im späteren Jahresverlauf sehen, vielleicht wird sie milde ausfallen. Wie sieht die künftige Notenbank-Politik aus? Wie gesagt, befindet sich die Teuerung in einem gewissen Abwärtstrend, das Fortbestehen bestimmter Komponenten der Kerninflation könnte die Zentralbanken jedoch dazu veranlassen, ihre restriktive Politik weiter zu prolongieren. Wenn wir auf die Vereinigten Staaten blicken, so haben wir den Effekt steigender Zinsen noch nicht vollends gesehen. Diese werden den Immobilienmarkt treffen und zu einer Abkühlung führen. Das produzierende Gewerbe befindet sich in den USA bereits in der Rezession, der Dienstleistungssektor ist hingegen noch stark unterwegs. Prinzipiell ist zu erwarten, dass das Zinsniveau die Profite der Unternehmen treffen und zu Revisionen führen wird. Anzumerken ist auf der Makroebene, dass die Geldpolitik rund um den Globus unterschiedlich verlaufen und so neue InvestmentMöglichkeiten im Jahr 2023 schaffen wird. Weiters wird die grüne Revolution und die Wiedereröffnung Chinas viele Anlagemöglichkeiten in Asien und Lateinamerika bieten. Können Sie das China-Potenzial noch etwas weiter ausführen? Die Abkehr des Reichs der Mitte von seiner Null-Covid-Politik ist positiv zu sehen und wird auch die Rohstoffnachfrage wieder steigen lassen. Wir mögen daher Währungen bzw. Länder, die stark mit Rohstoffen verbunden sind. Zu nennen sind beispielsweise Brasilien und Chile. Neben der Rückkehr Chinas beeinflussen auch strukturelle Trends den Rohstoffmarkt: Die Energiewende wird zum Beispiel den Bedarf an Kupfer erhöhen. Das Metall wird für Windturbinen, den Solarsektor und auch in der Nuklearindustrie benötigt. Ein sehr gutes Beispiel bietet der frappante Kupfer-Mehraufwand in ElektroFahrzeugen, hier braucht man rund 75 kg Kupfer pro Vehikel, bei traditionellen Fahrzeugen sind es hingegen lediglich an die 25 kg. www.carmignac.at interview . Abdelak Adjriou, Carmignac Abdelak Adjriou, Fondsmanager und Experte für internationale Anleihen sowie Währungen bei Carmignac FOTO: beigestellt 22 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 1/2023

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