GELD-Magazin, Nr. 1/2023

Fast könnte man meinen, über den Energiepreisen zieht die Sonne auf: Der heurige Winter verlief über weite Strecken mild, die Speicher sind gut gefüllt und der österreichische Gas-Großhandelspreisindex sank im Februar 2023 das vierte Monat in Folge. Ist somit alles eitel Wonne und die Energiekrise überwunden? Leider nein. Zu früh gefreut Positiv ist, dass ausgehend der derzeitigen Nachfrage Europa im Frühjahr 2023 noch über 30 bis 50 Milliarden Kubikmeter Gas in Speichern verfügen dürfte – eine weitaus bessere Position, als man sich noch vor wenigen Monaten vorstellen konnte. Das bedeutet, dass Europa in diesem Winter wahrscheinlich nicht mit einer größeren Energiekrise konfrontiert sein wird. Allerdings ist das noch keine „Siegeserklärung im Energiekrieg“, wie Justin Thomson, Investmentexperte bei T. Rowe Price, meint: „Europa steht immer noch vor der großen Herausforderung, seinen Energiebedarf im Winter 2023/2024 und darüber hinaus zu decken. Die Zeit, in der Russland als Hauptlieferant des europäischen Energiebedarfs fungierte, ist vorbei – es gibt keinen Weg zurück zum Status quo vor dem Ukraine-Krieg. Europas künftiger Energiebedarf wird auf andere Weise gedeckt werden müssen.“ Und hier beginnt die Krux, denn langfristig sollen Erneuerbare Energien die russischen Importe ersetzen, aber diese Aussicht ist noch einige Jahre entfernt. LNG:Teure Lösung Als kurzfristige Alternative steht Flüssiggas nur begrenzt zur Verfügung, Thomson dazu: „Wenn Europa im Frühjahr noch über 50 Milliarden Kubikmeter Gasvorräte verfügt, muss es erneut eine sehr große Menge LNG anziehen, um die Zeit bis zum Frühjahr 2024 sicher zu überbrücken. Bei der derzeitigen Nachfrage würde dies bedeuten, dass Europa 30 Prozent des weltweiten LNGMarktes bzw. 35 Prozent des weltweiten Spotmarktes an sich ziehen müsste, wenn man die bereits vertraglich vereinbarten Mengen herausrechnet.“ Die weltweite Nachfrage nach LNG dürfte laut dem Experten 2023 steigen, vor allem wenn China seine „Null-Covid“-Politik lockert. Dabei ist LNG bereits jetzt sehr teuer, man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass die Preise weiter anziehen werden. Hinzu kommt, dass es in Europa derzeit nur begrenzte Kapazitäten für die Verarbeitung von LNG-Importen gibt. Der Ausbau einer neuen LNGInfrastruktur wird Jahre dauern. Es liegt somit auf der Hand, dass zumindest kurzBRENNPUNKT . Energieversorgung Krise nur aufgeschoben? Der nächste Winter kommt bestimmt. Erst dann könnte die Energieversorgung wirklich hart werden, befürchten Experten. Österreich und Europa suchen fieberhaft nach Alternativen zu Putins Gas. HARALD KOLERUS Die Gasspeicher in Österreich sind prall gefüllt, das könnte sich aber ändern. Credit: astora 12 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 1/2023

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