GELD-Magazin, November 2022

EINSCHALTUNG – FOTO: beigestellt Top-Beratung im Private Banking - heute notwendiger denn je Werterhalt und Inflationsabwehr sind die zentralen Themen, die Anleger aktuell beschäftigen. Den Kunden Vertrauen und Sicherheit zu geben, erfordert ein hohes Maß an Einfühlungsgabe und fachlichem Know-how. Viele Anleger tendieren aktuell dazu, ihr Vermögen in Sachwerten anzulegen; Immobilien und Gold stehen dabei im Vordergrund. Wie ist Ihre Sicht zu dieser Verhaltensweise? In einem Umfeld steigender Zinsen haben es Immobilien und Gold schwer. Die letzten zehn Jahre waren geprägt von stets fallenden Zinsen und einem enormen Anstieg der Geldmenge. Vor allem Immobilien profitierten davon, in Österreich verdoppelten sich die Preise in diesem Zeitraum beinahe. Doch vor Immobilien als Anlage sei jetzt gewarnt. Ließen sich in der Erstvermietungsphase noch gute Mieten erzielen, sinkt die Nachfrage danach rapide, weil die Wohnung dann nicht mehr auf dem neuesten Stand ist und damit an Attraktivität verliert. Dazu kommt jetzt noch eine enorme Inflation, die zusätzlichen Druck auf die Nachfrage auslösen wird. Gold profitierte lange in einer Phase, wo es keine Zinsen gab. Dies ändert sich nun, da es zunehmend interessantere Alternativen im festverzinslichen Anleihen-Bereich gibt. Dazu kommt, dass der Dollar – und Gold notiert in Dollar – derzeit zum Euro mit der Parität sehr teuer ist. Langfristig gehört aber Gold in jedes gut diversifizierte Portfolio. Wir empfehlen eine Gewichtung von fünf bis zehn Prozent. Aktien per se repräsentieren ebenfalls Sachwerte. Wie groß ist das Interesse der Private Banking- Kunden derzeit an Aktien? Die menschliche Psyche ist zyklisch. Hätte man den Psychiater C.G. Jung zu seinen Lebzeiten zum Anlegerverhalten befragt, so mutmaße ich, dass er das zyklische Verhalten wahrscheinlich mit dem kollektiven archaischen Unterbewusstsein erklärt hätte. Dieses löst bei drohendem Unheil das Fluchtverhalten aus, das seit dem Homo Sapiens bei uns Menschen im Unterbewusstsein fest verankert ist. Auf Ihre Frage zurückkommend: Das Interesse an Aktien ist derzeit zurückhaltend – aber es könnte sich 2023 wieder verstärken, wenn ein Trend in Richtung rückläufiger Inflation ausmachbar ist und vor allem, wenn der Krieg in der Ukraine nicht weiter eskaliert. Wie gehen Sie in der Beratung mit den Rezessions- und Inflationsängsten der Anleger um? Berater sind „Bergführer“ ihrer Kunden; aktuell gilt es, die Nerven zu bewahren und auf jeden Fall investiert zu bleiben, und nicht zu glauben, den Markt in seinem zukünftigen Verlauf einschätzen zu können. Was man allerdings doch berücksichtigen soll, ist, weiterhin breit aufgestellt zu sein und die Branchen Gesundheit und Basiskonsum höher zu Lasten von Technologie zu gewichten. Bei Neuinvestments empfehlen wir, in gleichmäßigen Beträgen über einen längeren Zeitraum einzusteigen, da wir weiterhin von schwankenden Märkten ausgehen: zum Beispiel bietet sich ein Zeitraum von zwölf bis 24 Monaten an. Damit ist jegliche Emotionalität ausgeschaltet, was in diesen Zeiten das oberste Gebot ist. Wie beurteilen Sie die aktuelle Zinspolitik der Nationalbanken? Wie attraktiv werden in diesem Zusammenhang wieder Anleihen? Man könnte es als eine Ironie des Schicksals bezeichnen, dass sowohl FED als auch EZB erst über die Inflation gezwungen wurden, eine Normalisierung der Zinsstruktur unfreiwillig herbeizuführen. Die vergangenen Jahre waren von politischer Einflussnahme auf unabhängige Institutionen geprägt, mit dem Ergebnis einer langanhaltenden Manipulation der Zinsen. Spannend wird sein, wie etwa die EZB ihre dramatisch ausgeweitete Bilanz verkürzen kann, was sie bisher noch nicht getan hat. Anleihen, auch von sehr guter Bonität, werden wieder attraktiv und dürfen in einem ausgewogenen Portfolio ab jetzt nicht mehr fehlen. Hier bevorzugen wir Euro-Anleihen erstklassiger Schuldner sowohl unter den Staatsanleihen als auch bei Unternehmensanleihen. Anleihen aus dem Dollarbereich sollten bei diesem hohen Wechselkurs zum Euro gemieden werden. www.steiermaerkische.at Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien, Steiermärkische Bank & Sparkassen AG November 2022 – GELD-MAGAZIN . 21 EXPERTSTALK . Alexander Eberan, Steiermärkische Bank und Sparkassen AG

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