GELD-Magazin, September 2022

ZUR PERSON Seit 2009 ist Stefan Bruckbauer Leiter der Abteilung Economics & Market Analysis Austria und Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria. Sein Arbeitsschwerpunkt sind die Wirtschaft Österreichs, der Finanzmarkt und die EU, der Euro sowie der Bankenmarkt in Österreich und der EU. Von 2001 bis 2009 war er stellvertretender Leiter der Konzernvolkswirtschaft der Bank Austria und verantwortlich für Makro- und Bankenmarktresearch Österreich. Der Experte war auch lange Jahre Lektor für Volkswirtschaftstheorie an der J.K. Universität Linz, der Universität Wien und an der Fachhochschule für Bank- und Finanzwirtschaft in Wien. ben Prozent, im nächsten Jahr könnten es 3,6 Prozent werden. Ausreißer in den Bereich von zehn Prozent sind dabei möglich. Als realistisches Szenario sehe ich, dass die Inflation nach 2023 wieder zurückgehen und sich in Richtung der zwei Prozent bewegen wird. Auch die Energiepreise werden nachgeben und nicht auf dem Niveau von heute verharren, wir müssen uns aber auf höhere Energie-Kosten als in früheren Zeiten einstellen. Das gilt auch für die Gesamt-Inflation. Jetzt wird heftig gestritten, wie man die Auswirkungen der Inflation abfedern könnte. Welchen Weg sollten wir hier in Österreich einschlagen? Für die ärmeren Bevölkerungsschichten, für diejenigen, die sich das tägliche Leben praktisch nicht mehr leisten können, ist jedenfalls eine gezielte Unterstützung notwendig. Ansonsten würden auch soziale Verwerfungen drohen. Allerdings ist der Wohlstandsverlust für alle spürbar, auch für den Mittelstand, für Besserverdienende. Wenn es die Politik nicht schaffen sollte, die gesellschaftliche Mitte auf ihre Seite zu bringen, droht ihr ein gefährlicher Akzeptanzverlust - und Populisten erhalten neue Munition. Man muss also vermeiden, dass das Gefühl entsteht: „Alle anderen erhalten Unterstützung, aber wo bleibe ich eigentlich?“ Also doch ein Energiepreis-Deckel? Von generellen Subventionierungen halte ich wenig, also von Preis-Deckeln, Kontrollen etc. Im Energiebereich würde das ja dazu führen, dass diejenigen, die das meiste verbrauchen, die stärkste Unterstützung erhalten. Im Gegensatz dazu gefällt mir die Idee, jedem Haushalt eine gewisse EnergieMenge zu reduzierten Preisen zur Verfügung zu stellen. Wer dann darüber liegt, zahlt zu Marktpreisen. Das hätte positive verteilungspolitische Effekte zur Folge und würde gleichzeitig einen Ansporn zum Energie-Sparen darstellen. Was sagen Sie zum Vorschlag, sogenannte Übergewinne von Energie-Unternehmen zu besteuern? Hier bin ich skeptisch. Denn Unternehmen werden ohnedies schon durch Körperschafts- und Kapitalertrags-Steuer belastet. Es besteht außerdem die Gefahr, dass man mit einer Steuer auf Übergewinne die Hersteller von Erneuerbaren Energien abstrafen würde. Weiters hält hierzulande der Staat Mehrheiten an den meisten großen Unternehmen und profitiert dadurch ohnedies von Dividenden. Übrigens: Die Unternehmen mit den meisten Gewinnen sitzen ohnedies nicht in Europa oder gar Österreich. Also zum Beispiel große Ölproduzenten: Da haben wir keinen Zugriff. Abschließend: Wie sollten sich Investoren heute verhalten? Noch sehe ich keine Alternativen zu Aktien, als Sachwerte stellen sie auch einen gewissen Inflationsschutz dar. www.bankaustria.at Bruckbauer: „Von generellen Subventionierungen und Preis-Deckeln halte ich wenig.“ September 2022 – GELD-MAGAZIN . 25

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