GELD-Magazin, September 2022

September 2022 – GELD-MAGAZIN . 11 „Ich halte ein preisgestütztes Grundkontingent für den Energiebezug für durchaus sinnvoll.“ Gabriel Felbermayer, Chef des Wifo „Im Ernstfall kommt ein harter Winter auf uns zu.“ Leonore Gewessler, Energieministerin EU-GROSSHANDELSPREIS FÜR ERDGAS Aufgrund einer ungünstigen Angebots-/Nachfrage-Situation (Reduzierung der Liefermenge aus Russland) schnellte der EU-Gas-Spotpreis je MWh auf knapp 350 Euro. Anfang 2020 kostete die gleiche Menge noch rund 6,70 Euro! Inflation wird in die Höhe getrieben Energie wird nicht nur zum Heizen, Kühlen und Beleuchten der Haushalte verwendet, in jedem industriellen Prozess ist sie eine unabdingbare Voraussetzung zur Güterproduktion. Damit schlagen die Energiekostensteigerungen praktisch auf alle anderen Preise durch. Ein banales Beispiel: Der Anteil an Energie bei der Herstellung von Brot macht rund 30 Prozent der Kosten aus (das Mehl übrigens nur rd. 7 Prozent). Das heißt, bei einer Verdreifachung der Energiepreise, wie es derzeit der Fall ist, muss der Brotpreis alleine deshalb um 60 Prozent angehoben werden. Dabei sind ein Anstieg der Preise, z.B. bei Weizen, der auch einen Energieanteil für Aussaat, Ernte und Transport beinhaltet, ein indexierter Mietanstieg oder Lohnsteigerungen noch gar nicht berücksichtigt. An diesem Beispiel wird klar, dass sich insbesondere höhere Energiekosten im Produktionsprozess regelrecht potenzieren. Deshalb ist die Inflation (VPI) in Österreich im Juli von 8,7 Proweiter auf 9,3 Prozent gestiegen. Der Warenkorb für den wöchentlichen Einkauf, der sogenannte Mikrowarenkorb, der den Bedarf an Lebensmitteln, Treibstoff sowie einen Kaffeehaus- und einen Restaurantbesuch abbildet, hat sich in Österreich im Juli gar um 19,1 Prozent verteuert! Und billiger wird es in den kommenden Monaten nicht werden. Ökonomen erwarten einen Rückgang der Teuerung erst im zweiten Halbjahr 2023, davor könnte sie durchaus noch zweistellig werden. Als Vorbote wird der Anstieg der Erzeugerpreise gesehen, die in Österreich in Jahresfrist um 21 Prozent, in Deutschland sogar um 37 Prozent gestiegen sind. Energiepreise schlagen überall durch Ein Faktum sind auch Preissteigerungen aufgrund indexierter Verträge – wie Wohnungsmieten zum Beispiel. Obwohl die Mieten (exkl. der Betriebskosten) keinen Anteil an Energiekosten beinhalten, werden sie aufgrund ihrer Indexierung – also Koppelung an den Verbraucherpreisindex – entsprechend angehoben. Daher kommen auf die Haushalte satte Mietpreissteigerungen zu. Zuletzt wurden sie mit 1. April um 5,85 Prozent (Richtwert) bzw. um 5,56 (Kategoriewert) angehoben. Oder auch Versicherungsprämien sind inflationsgebunden, die zukünftig um 7,8 Prozent höher verrechnet werden. Weitere Beispiele sind die jüngst bekannt gegebenen Preiserhöhungen für Wasserbezug und Müllabfuhr – die Betriebskostenabrechnung lässt grüßen. Als quasi Nebenschauplatz in der Haushaltsrechnung steigen bei verschuldeten Personen auch die Kreditraten durch die Zinsanhebungen der EZB – zumindest bei den etwa 70 Prozent an variabel verzinsten Ausleihungen. In Österreich sind laut OeNB derzeit 189,3 Milliarden Euro an Privatkrediten offen – d.s. im Schnitt 47.300 Euro/Haushalt. Die monatlichen Raten werden im Einzelfall durchaus um einen gut dreistelligen Eurobetrag steigen. Vergleicht man nun die Summe der enormen Kostenanstiege bei den Haushalten mit dem derzeit durchschnittlich frei verfügbaren Einkommen (lt. OeNB rd. 510 Euro pro Monat), muss man zwangsläufig einen Rückgang des Konsums erwarten. Die BIP-Prognosen werden laufend nach unten revidiert, im Winter scheint eine Rezession unausweichlich. Eingeschränkte Gas-Lieferungen Hintergrund der Energiekrise ist der Krieg in der Ukraine bzw. streng genommen die Reaktion der EU darauf. Um den Aggressor Russland wirtschaftlich zu schwächen, wurde im März die gerade fertiggestellte Pipeline Nord Stream 2 keine BetriebserlaubÖSTERREICHISCHER STROMPREISINDEX Der Österreichische Strompreisindex (ÖSPI) stieg alleine im August 2022 gegenüber dem Vormonat um 12,8 Prozent. Im Vergleich zum August des Vorjahres liegt der ÖSPI um 247 Prozent höher. Quelle: marketscreener.com/EEX Quelle: Österreichische Energieagentur 2020 2021 2022 0 50 100 150 200 250 350 300 EUR/MWh 2020 2021 2022 0 50 100 150 200 250 250 250 400 Punkte

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