GELD-Magazin, Mai 2022

EINSCHALTUNG – FOTO: beigestellt Spezielle Anlagestrategien für herausfordernde Zeiten Politische Gefahren wie der Ukraine-Konflikt, die unsichere Zinslandschaft sowie die hohe Inflationsgefahr machen mehr denn je taktisches und strategisches Anlagemanagement notwendig. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage an den Welt- Aktienmärkten? Welche sehen Sie aktuell durch den Krieg in der Ukraine gefährdet, welche po- tenziell attraktiv? Wir favorisieren die USA gegenüber Europa und den Emerging Markets. Dies hängt erstens damit zusam- men, dass die USA als Wirtschaftsraum dynamischer und autarker sind als die stark exportabhängige eu- ropäische Wirtschaft; und zweitens damit, dass die USA geographisch weiter vom Krisenherd Ukraine entfernt sind als Europa – gerade auch im Falle einer weiteren Eskalation der Krise! Darüber hinaus den- ken wir, dass es zu keiner Rezession in den USA kommen wird. Die Vorlaufindikatoren liegen im ex- pansiven Bereich und der Arbeitsmarkt ist robust. Emerging Markets bleiben aufgrund attraktiver Be- wertungen weiterhin gewichtet. Wie sieht Ihr Anlageansatz in Bezug auf Sektoren aus? Welche Qualitäten müssen Unternehmen erfüllen, um im Rahmen Ihrer Asset Allocation berücksichtigt zu werden? Wir favorisieren derzeit Aktien, die einem Umfeld steigender Zinsen, hoher Inflation und starker Schwankungen an den Märkten standhalten kön- nen: dazu zählen wir speziell Titel aus den Be- reichen antizyklischer Konsum, Versorger, Gesund- heitswesen oder Infrastruktur. Ebenfalls positive Sicht haben wir auf die Rohstoff- und Energiewerte. Darüber hinaus favorisieren wir global aufgestellte Qualitätswerte mit hohen Margen und solider Eigen- kapitalstruktur gegenüber kleinkapitalisierten Un- ternehmen, die oft nur in speziellen Nischenmärk- ten aktiv sind und damit stärker von ihren mitunter beschränkten Absatzmärkten abhängig sind. Der Fo- kus liegt auch auf Herstellern von Konsumgütern des täglichen Bedarfs, die gestiegene Inputpreise an den Konsumenten weiterreichen können, und auf den großen Pharmawerten, die konjunkturunabhän- gig Nachfrage generieren können. Wie beurteilen Sie die Situation im Fixed Income- bereich? Wann könnten Anleihen – und wenn ja welche – für Investoren wieder attraktiv werden? In den USA haben Aussagen des Notenbankchefs Ge- rome Powell hinsichtlich einer Überhitzung des US- Arbeitsmarktes zuletzt dazu geführt, dass die Inflati- onserwartungen weiter gestiegen sind und die Markterwartungen hinsichtlich der Fed Funds Rate auf 2,84 Prozent getrieben wurde. Derzeit preisen die US Märkte weitere stärkere Zinsanhebungen ein. Die zwei-jährigen US-Treasuries stiegen auf zuletzt 2,65 Prozent und die 10-Jährigen auf 2,87 Prozent. Ein weiterer Anstieg im Laufe des Jahres ist durch- aus möglich, es könnte aber auch sein, dass der Markt eine zu starke Straffung der US-Notenbank gerade vorwegnimmt. Für 2022 gehen wir sowohl für die USA als auch für Europa von Inflationsraten um die je sechs Prozent aus, um dann in 2023 bei zwei Prozent zu liegen zu kommen. Das würde bedeuten, dass sich das Umfeld für Anleihen ganz generell ab dem zweiten Halbjahr verbessern sollte und Investment Grade Anleihen wieder attraktiv werden. Folgt der Inflation eine Stagflation? – Diese Frage beschäftigt viele Anleger aktuell massiv. Wie lange denken Sie, wird das inflationäre Um- feld bestehen bleiben und welche Konsequenzen sind aus heutiger Sicht denkbar? Absolut! Wenn wir für 2023 – wie in unserem Ba- sisszenario dargelegt – von Inflationsraten von um die zwei Prozent ausgehen und dies in Relation zu einem prognostizierten Wachstum in Höhe von etwa 2,5 Prozent für USA beziehungsweise für Eur- opa stellen, schrammen wir an der Stagflation knapp vorbei. Das Gebot der Stunde für die Real- wirtschaft lautet also, die Produktivität so zu stei- gern, dass inflatorische Effekte wie zum Beispiel die bereits in Gang gesetzte Lohn-Preis-Spirale nach- haltig zurückgeführt werden können. Das heißt aber auch, dass früher oder später der Technologie- sektor als Branche durchaus wieder an Attraktivität zulegen könnte. www.sparkasseprivatebanking.at Mag. Alexander Eberan, Leiter Private Banking, Steiermärkische Sparkasse Private Banking, Wien Mai 2022 – GELD-MAGAZIN . 21 EXPERTSTALK . Alexander Eberan, Steiermärkische Bank und Sparkassen AG

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