GELD-Magazin, Mai 2022

E ine Inflationsrate von 5,5 bis knapp sechs Prozent prognostizieren Wirt- schaftsforscher für das Gesamtjahr 2022 in Österreich. Die Teuerung legt sich bereits jetzt schon kräftig in die Geldbörse, ein baldiges Ende der „Horror-Inflation“ scheint in Anbetracht extremer Energie- preise nicht in Sicht. Gießkanne ausgeschüttet Die Politik steuert mit unterschiedlichen Maßnahmen entgegen: So wurde zuletzt ein „Energiepaket“ in Höhe von mehr als zwei Milliarden gegen die Teuerung zur Verfügung gestellt. Gemeinsam mit dem be- reits zuvor beschlossenen Hilfs-Paket von 1,7 Milliarden werden die Österreiche- rinnen und Österreicher sowie die Wirt- schaft mit rund vier Milliarden Euro entla- stet. Weitere Anpassungen nach oben er- scheinen möglich. Damit ist die Entlastung laut heimischem Finanzministerium (BMF) in Österreich in Relation gesehen zehnmal so hoch wie beispielsweise in Deutschland, wo ein rund vier-Milliarden-Euro-schweres Paket präsentiert wurde. Ist somit alles eitel Wonne? Leider nicht, denn die Treffsicher- heit der einzelnen Maßnahmen darf in Fra- ge gestellt werden. So schreibt etwa Franz Schellhorn, Direktor des wirtschaftslibe- ralen Thinktanks Agenda Austria, in der „Kleinen Zeitung“: „Die Regierung wird ein- mal mehr mit der Fördergießkanne durch das Land spazieren und in Jörg-Haider-Ma- nier die Hunderter verteilen. Statt im Höchststeuerland Österreich die Lohn- und Einkommensteuer spürbar zu senken, um die Kaufkraft der Bürger zu stärken.“ Nun sind die Senkung der Steuer- und Abgaben- last sowie die Bekämpfung der kalten Pro- gression Forderungen, die schon seit Jahren auf der Wunschliste von vielen Wirtschafts- forschern unterschiedlichen Couleurs ste- hen. Wobei es so scheint, dass jetzt endlich Fahrt in die Sache kommt ... Kalte Progression eindämmen Immerhin steht die Bekämpfung der kalten Progression im Regierungsprogramm; Fi- nanzminister Magnus Brunner hat eine Ar- beitsgruppe installiert, die sich mit den Fol- gen der hohen Inflation auseinandersetzt und bis zum Sommer Vorschläge unterbrei- ten soll, wie es mit der kalten Progression weitergeht. Unter Dach und Fach ist die An- gelegenheit somit aber noch nicht. So mel- dete etwa Arbeitsminister Martin Kocher Bedenken an und bezeichnete die Abschaf- fung der kalten Progression als umstritten, eine automatische Anpassung der Tarifstu- fen an die Teuerungsrate könnte Reformen des Steuersystems in weiterer Folge deut- lich schwieriger machen. Man wird also se- hen. In der Zwischenzeit darf sich der Fi- nanzminister über einen milliardenschwe- ren Geldregen freuen. Insbesondere die Ein- nahmen durch die Mehrwertsteuer und die Lohn- bzw. Einkommensteuer werden kräf- tig anziehen. Bereits Inflationsraten von fünf Prozent im heurigen und drei Prozent im kommenden Jahr bescheren dem Staat Mehreinnahmen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro, wie eine Berechnung der Agenda Aus- tria zeigt. Das ist das Volumen einer größe- ren Steuerreform. Schellhorn rechnet vor: Wer in Österreich im Jahr 2021 rund 2.500 Euro brutto verdient hat und in den fünf Jahren zuvor nur die Inflation ausgeglichen bekommen hat, verdiente um acht Prozent mehr als 2016. Dieselbe Person zahlte aber um elf Prozent mehr Lohnsteuer. Für den Staat ein gutes Geschäft: Allein im Zeitraum WIRTSCHAFT . Inflationspaket Teurer gehts (n)immer Die Corona-Pandemie führte zu Lieferengpässen und heizte die Rohstoffpreise an. Jetzt sorgt zusätzlich der Ukraine-Krieg für immense Energiekosten. Die Politik versucht verzweifelt gegenzusteuern. Doch ist das bloße Kosmetik? HARALD KOLERUS Credits: beigestellt; bluedesign/stock.adobe.com „Dieses Geld gehört nicht dem Staat, sondern den Steuerzahlern.“ Franz Schellhorn, Direktor Agenda Austria, zu sprudelnden Steuereinnahmen Rechenbeispiele Das zweite Energie-Entlastungspaket der heimischen Bundesregierung bringt laut österreichischem Finanz- ministerium einer Familie mit einem Pendler aus dem Mühlviertel (pen- delt 50 km) eine zusätzliche Entla- stung in Höhe von rund 900 Euro (gilt bis 30. Juni 2023). Gemeinsam mit den Maßnahmen aus der Steu- erreform und dem ersten Hilfspa- ket wird diese Familie in Summe um annähernd 3.000 Euro entlastet. Entlastung für Unternehmen Ein weiteres Beispiel: Ein Hotel mit rund 50 Mitarbeitern profitiert von den Maßnahmen mit rund 20.000 Euro. Ein großes Industrieunterneh- men wird laut Finanzministerium um drei Millionen Euro entlastet. 18 . GELD-MAGAZIN – Mai 2022

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