GELD-Magazin, April 2022

Mikrofinanzierung: Kosten und Rendite Investments in Mikrokredite sind keine „Reichmacher“, auch weil sich viele Kosten (Fremdkapi- tal, Risikoabsicherung etc.) aufbauen. Die Zielrendite von zwei bis drei Prozent pro Jahr für den Anleger sind als Richtwert zu sehen. hoch die Kreditraten ausfallen, was der Kre- ditnehmer mit dem Darlehen macht, wie sein Unternehmergeist aussieht usw. „Dabei setzen viele nicht nur auf eine Karte, son- dern diversifizieren ihr Geschäftsmodell“, weiß der Experte. Er nennt als Beispiel eine Familie in Georgien, die zwei Häuser zur Vermietung eingerichtet hat. Daneben wur- de auch eine kleine Landwirtschaft und Ma- nufaktur geschaffen, um auf mehreren Standbeinen aufgestellt zu sein. Cech: „Prinzipiell ist ein enger Kontakt zwischen Kreditnehmern und Mikrofinanzinstituten (MFI) festzustellen, so werden etwa Rück- zahlungsmodalitäten festgelegt oder bei der Erstellung eines Business-Plans geholfen. Diese professionelle Unterstützung ist nicht zuletzt während der Corona-Krise wichtig.“ Seriöse Kreditvergabe Aber nicht nur in Pandemiezeiten ist die se- riöse Zusammenarbeit zwischen MFI und Kreditnehmern oberstes Gebot. Denn es ist auch schon vorgekommen, dass durch un- achtsame Darlehensvergaben Menschen erst recht in die Armutsfalle gedrängt wor- den sind. Philipp Müller, CEO von Blue- Orchard, erklärt dazu: „Eine verantwor- tungsvolle Kreditvergabe ist elementar. Die MFIs, in die BlueOrchard investiert, verge- ben ihre Kredite auf Grundlage der Bewer- tung der Rückzahlungsfähigkeit ihrer Kun- den im Hinblick auf deren Einkünfte. Es werden Schuldendeckungsquoten bei der Kreditentscheidung von MFIs verwendet, um zu bestimmen, ob sich die potenziellen Kreditnehmer die Aufnahme von Schulden auf Grundlage ihrer Einnahmen und Ausga- ben leisten können. Zudem bieten viele MFIs nicht-finanzielle Leistungen im Be- reich der Vermittlung von Wirtschafts- und Geschäftswissen, Erstellung von Business- Plänen etc. an.“ Was wiederum die Höhe der Kreditzinsen betrifft, ist diese von ver- schiedenen Faktoren abhängig (zum Bei- spiel Inflation im entsprechenden Land, Größe des Unternehmens). Cech setzt sie ungefähr zwischen 15 und 18 Prozent jähr- lich an. Das klingt viel, ist aber im Vergleich zu konventionellen Krediten überschaubar, die sich im zweistelligen Bereich bewegen. Müller kommentiert: „Im Vergleich zu Zins- sätzen, die wir in Industrieländern gewohnt sind, können die Raten in Entwicklungs- und Schwellenländern auf den ersten Blick hoch erscheinen. Dies ist jedoch zu relati- vieren: In diesen Staaten ist die Inflation höher als in Industrieländern. Da die Be- triebs- sowie Kapitalkosten erheblich größer sind, tragen diese zu höheren Kreditkosten in lokaler Währung bei. Dies gilt insbeson- dere für MFIs, da die Vergabe von Kleinst- krediten einen deutlich höheren Personal- und Betriebsaufwand erfordert, da eine Vielzahl von Kreditnehmern regelmäßig vor Ort besucht werden muss.“ Moralischer Mehrwert Zuletzt stellt sich die Frage, mit welchen Renditen Mikrofinanzinvestoren rechnen können? Ein Beispiel: Der Erste Responsible Microfinance hat seit Auflegung im Jahr 2010 nach Abzug aller Kosten eine Rendite von knapp zwei Prozent per annum für die Anleger erzielt. Nur im Kalenderjahr 2020 gab es aufgrund der Pandemie eine negati- ve Performance, dafür fiel 2021 mit plus 2,6 Prozent überdurchschnittlich positiv aus. Damit liegt das Produkt durchaus in der breiten Range von Mikrofinanzfonds. Die Renditen wachsen also nicht in den Him- mel, der moralische Mehrwert zählt. Quelle: Visionmicrofinance „Viele Mikrokredit- nehmer diversifizieren ihr Geschäftsmodell.“ Martin Cech, Senior Portfolio- Manager Erste Asset Management „Eine verant­ wortungsvolle Kreditvergabe ist für Mikrofinanzierungen elementar.“ Philipp Müller, CEO von BlueOrchard Zinsen p.a. 2-3% in EUR 5% 10% 15% 20% 25% 4-6% in EUR 25% in EUR 10% in LC 15% 0% Mögliche Zielrendite: Nach allen Kosten und evtl. möglichen Abschreibungen bei einem Investitionsgrad von 80-90 % Kreditnehmer Mikrofinanzinstitut Fonds, MIVs Investor 12% Fixkosten & Risikovorsorge 3% Nettomarge Fremdkapital- kosten Währungs- absicherung April 2022 – GELD-MAGAZIN . 39

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