GELD-Magazin, April 2022

D as mediale Interesse war begrenzt, als im Februar das Gipfeltreffen zwischen der EU und der Afrika- nischen Union zu Ende gegangen ist. Böse Zungen behaupten ja, dass es aufgrund mangelhafter Ergebnisse gar nicht viel zu berichten gab ... 150 Milliarden-Paket Das wäre natürlich eine Zuspitzung, ein wahrer Kern ist an der Aussage allerdings schon. Fassen wir aber die wichtigsten greifbaren Beschlüsse zusammen: Immer- hin wurde ein afrikanisch-europä- isches „Global-Gateway-Paket“ in Höhe von 150 Milliarden Euro aufgelegt. Es besteht aus einem Investitions-, einem Gesundheits- und einem Bildungsplan. Das Paket soll zum Aufbau diversifizierter, integrativer, nachhaltiger und widerstandsfähiger Volks- wirtschaften beitragen und enthält unter anderem Maßnahmen zur Wachstumsfinan- zierung, Migration, Unterstützung des Pri- vatsektors, Klimawandel und Energiewen- de, sowie Digitales und Verkehr. Global Gateway zielt auch darauf ab, Chinas geo- politisch getriebene „Road and Belt-Initiati- ve“ einzuhegen, auch bekannt als Projekt „Neue Seidenstraße“. Dazu später mehr. Laues Ergebnis Fachleute ziehen zum Afrika-Gipfel nun eine eher ernüchternde Bilanz. So wie Ent- wicklungszusammenarbeits-Experte Robert Kappel, Professor an der Universität Leipzig und Aufsichtsratsmitglied der ÖFSE (Öster- reichische Forschungsstiftung für Internati- onale Entwicklung): „Abgesehen von der Geldscheindiplomatie, die den Gipfel öf- fentlich prägte, gibt es zahlreiche Agenden, an denen die Europäer gemeinsam mit den Afrikanern nach Lösungen hätten suchen sollen, nicht nur Klima- und Impfstrategien, sondern vor allem auch Konzepte zur Zu- kunft der Arbeit auf dem Kontinent und dem Kampf gegen die Armut.“ Kappel be- zeichnet in diesem Zusammenhang den Gipfel trotz vieler Bemühungen und reger Teilnahme (mehr als 40 afrikanische und alle 27 EU-Staats- bzw. Regierungschefs) als „eine verpasste Chance“. Im Gespräch mit dem GELD-Magazin wundert sich sogar der erfahrene Experte: „Auch von afrika- nischer Seite kamen keine neuen Impulse, sie brachten keine eigenständige Agenda ein. Der Gipfel ist daher leider kein Game Changer, geschweige denn ein New Deal oder gar eine neue Allianz.“ Dass von Afrika bei den Verhandlungen kein einheit- liches Positionspapier vorgelegt worden ist, kann er sich nur dadurch erklären, dass es für die 55 am Kontinent beheimateten Staa- ten eben sehr schwierig ist, eine einheitliche BRENNPUNKT . Entwicklungspolitik Der vergessene Kontinent Hunger und Armut - das fällt uns meistens ein, wenn die Rede auf Afrika kommt. Dabei wird vergessen, dass auch hier die Urbanisierung steigt und eine neue Mittelschicht entsteht. Das könnte zu einer Win-Win-Situation führen. HARALD KOLERUS Credit: beigestellt Globale Perspektive: Hunger auf demVormarsch Weltweit hungern 688 Millionen Menschen, Tendenz leider wieder aufsteigend. Die Experten der Food and Agriculture Organization of the United Nations gehen davon aus, dass es 2030 bereits 841 Millionen Unterernährte rund um den Globus geben wird. Quelle: Statista „Der EU-Afrika-Gipfel ist eine verpasste Chance.“ Robert Kappel, Experte für Entwicklungszusammen­ arbeit, ÖFS * Prognose geschätzte Zahl der unterernährten Menschen weltweit (in Mio.) 2005 826 2010 668 2015 653 2019 688 2030* 841 14 . GELD-MAGAZIN – April 2022

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