GELD-Magazin, März 2022

IMMOBILIEN . Thermische Sanierung „Ob ein Abbruch sinnvoller als eine Sanierung ist, hängt jedenfalls von der Örtlichkeit des Gebäudes und den städtischen Ent- wicklungsplänen ab.“ Rudolf Leitner, Baumeister Abbruch vs. Sanierung „Wichtig ist ein detaillierter Kosten- vergleich zwischen Abriss und Er- halt. Beim sogenannten Ersatzneubau (Abriss und Neubau) sind die Kosten für Abbruch und Entsorgung zu be- rücksichtigen. Sanierungen erfordern häufig individuelle Lösungen, die ar- beitsintensiver sind und höhere Kosten verursachen können. Speziell, wenn Veränderungen an der Statik vorge- nommen werden, ist mit erheblichem technischem Aufwand und Mehrko- sten zu rechnen. In solchen Fällen kann ein Neubau von Vorteil sein. Für eine vollständige Kostenbetrachtung sollten unbedingt die Fördermittel für Neubau und Sanierung miteinander verglichen werden“, erklärt Bruno Oberhuber. Weitere Aspekte liefert Baumeister Rudolf Leitner: „Ob ein Abbruch sinn- voller als eine Sanierung ist, hängt jedenfalls von der Örtlichkeit des Gebäudes und den städtischen Ent- wicklungsplänen ab. Es stellt sich die Frage, wohin eine Stadt sich entwi- ckeln will. Sucht man die innerstäd- tische Verdichtung, weil Infrastruktur und alles dort bereits vorhanden ist, macht es mehr Sinn, diese Fläche neu zu verbauen; insbesondere dann, wenn an dieser Stelle nur ein kleines Objekt besteht. Damit vermeidet man, im Umland neu Boden zu versie- geln, neue Infrastruktur schaffen zu müssen und dämmt den Individual- verkehr aus dem Speckgürtel ein.“ Credit: beigestellt 68 . GELD-MAGAZIN – März 2022 den heutigen Neubauten, die in der Regel in Niedrigenergiebauweise erfolgen. Laut Bau- meister Rudolf Leitner, der in den vergange- nen 40 Jahren unzählige Bauvorhaben in Graz, der Steiermark, Wien sowie über die Grenzen hinaus umsetzte, geht es im Neu- bau um gesetzliche Regelungen wie das Ver- bot von Heizungen mit Öl, Gas etc. Neu in der Steiermark im Jahr 2021 ist die Ver- pflichtung zum Einbau von Photovoltaikan- lagen/Solaranlagen bei jedem Neubau ab ei- ner gewissen Größe bzw. auch bei umfas- senden Sanierungen. Die Mehrkosten für ei- nen energieeffizienten Bau beziffert Leitner mit rund 200 bis 300 Euro pro Quadratme- ter. Vergleicht man hingegen ein Gebäude auf höchstem Energiestandard, also in Pas- sivhausqualität, gegenüber einem Standard- gebäude, so ist laut Energiesparexperte Ober­ huber davon auszugehen, dass über einen Zeitraum von 30 bis 40 Jahren die einges- parten Heizkosten höher sind als die Mehr- kosten für den verbesserten Energiestandard im Vergleich zu einem Standardhaus. Umfassende Sanierung und Assanie- rung bei Bauherrenmodellen „Auch bei Bauherrenmodellen ist man – wie jeder Bauherr – bestrebt, einen bestmögli­ chen technischen Standard einzuhalten. Es sollte nicht nur um die begehrten steuer- lichen Vorteile aus der 15tel-Abschreibung gehen – vielmehr schafft man ja mit einem Bauherrenmodell eine individuelle Pensi- onsvorsorge in Form von Immobilienvermö- gen, das auch langfristig beständig und werthaltig sein soll. So sollten Wohnungen auch noch nach 20 bis 30 Jahren für Mieter attraktiv sein – umso mehr rentiert sich dann, bei der Bauqualität etwas über dem durchschnittlichen Standard anzusetzen“, erklärt Stefan Koller, Geschäftsführer der auf Bauherrenmodelle spezialisierten Peri- con GmbH. Ob und in welchem Ausmaß das möglich ist, hängt in erster Linie vom Objekt ab. Bei Sa- nierungsprojekten ist man hier von der Ge- bäudeart abhängig. „Bei einem klassischen Gründerzeithaus ist man an die gesetzlichen Vorgaben (Denkmalschutz, Ortsbildschutz etc.) gebunden; bei Gebäuden, wie z.B. dem aktuellen Pericon Bauherrenmodell „Woh- nen am Volksgarten“ in der Mühlgasse 56 in Graz, das aus den späten 60er Jahren stammt, hat man größeren Spielraum und kann hier besser energetisch sinnvolle Maß- nahmen setzen“, so Koller. Zu geförderten Alternativen zählen hier die sogenannte „Umfassende Sanierung“ und die „Assanierung“. Dazu Leitner: „Bei Erste- rer erhält der Bauherr für die Sanierung eines bestehenden Gebäudes derzeit ein För- derdarlehen in der Höhe von rund 1.400 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche in Form eines 45-prozentigen Annuitätenzuschusses. Im Gegenzug entsteht die Verpflichtung, die Wohnungen über den Zeitraum von 15 Jah- ren zu einer geförderten Miete kostengün- stig zu vergeben. Bei der Assanierung wird ein bestehendes, nicht erhaltenswertes Ge- bäude abgerissen und durch einen Neubau an selber Stelle ersetzt“, so Leitner, der er- gänzt: „Auch hier gewährt das Land derzeit ein Förderdarlehen in der Höhe von 50.000 Euro pro Wohnung in Form eines 15-prozen- tigen Annuitätenzuschusses: Der Bauherr muss sich aber verpflichten, die neu entstan- denen Wohnungen zum geltenden Richt­ wertmietzins zu vermieten. Möglich ist dies aber nur, wenn vonseiten des Landes ein po- sitives Wohnumfeldgutachten erstellt wird, das einen Neubau an dieser Stelle im Sinne der innerstädtischen Verdichtung bestätigt.“ Tipp: Die Lohn-Preis-Spirale beginnt sich ge- rade zu drehen und künftig könnten stark steigende Löhne für Facharbeiter am Bau die Baupreise deutlich in die Höhe treiben. Des- halb sollten thermische Sanierungs-Projekte so schnell wie möglich in Angriff genommen werden. Noch sind die Zinsen niedrig und die Staaten bereit, Klimaschutz-Investitio­ nen kräftig zu unterstützen.

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