GELD-Magazin, November 2021

Auch nach vollem Inkrafttreten der Steuerreform wird Herrn und Frau Österreicher relativ wenig netto vom brutto übrigbleiben. Auch in Wohlfahrtsstaaten wie Schweden oder Däne- mark ist die Abgabenlast nicht so groß wie in der Alpenrepublik. Steuerreform kompakt Ab Mitte 2022 werden untere Ein- kommen (bis zu brutto 2.500 €) durch eine gestaffelte Senkung der Krankenversicherungsbeiträge um bis zu 1,7 Prozentpunkte für Arbeit- nehmer und Pensionisten sowie die Erhöhung des Kindermehrbe- trages entlastet. Auch erfolgt eine Ausweitung des Familienbonus. Im Lohn- und Einkommensteuerta- rif wird der Steuersatz in der zwei- ten Tarifstufe (zwischen 18.000 € und 31.000 €) Mitte 2022 von 35 % auf 30 % gesenkt, Mitte 2023 folgt die Sen- kung des Steuersatzes in der drit- ten Tarifstufe (zwischen 31.000 € und 60.000 €) von 42 % auf 40 %. Bereits 2020 war der Eingangssteuersatz von 25 % auf 20 % gesenkt worden. Klimawandel im Fokus Ein zentrales Element der Steu- erreform ist die Einführung einer CO 2 -Bepreisung. Die Kosten sollen für 2022 auf 30 Euro je Tonne CO 2 kommen und bis 2025 schrittwei- se auf 55 Euro pro Tonne angehoben werden. Ab 2026 soll der fixe Preis durch den Marktpreis im Emissions- handelssystem abgelöst werden. Die Einnahmen aus der CO 2 -Beprei- sung sollen an Haushalte über einen regional unterschiedlichen Klimabonus rückvergütet werden. Die Differenzie- rung umfasst vier Stufen und spiegelt die Qualität des öffentlichen Verkehrs sowie die Siedlungsdichte wider. 2022 soll der Klimabonus für alle Erwach- senen 100 Euro per annum in der niedrigsten und 200 Euro pro Jahr in der höchsten Stufe betragen, Kinder erhalten jeweils die Hälfte. Er soll in den Folgejahren entsprechend des An- stiegs des CO 2 -Preises erhöht werden. frage und damit die Beschäftigung stärken. Hier bieten sich mehrere Optionen an: Nicht nur die Reduktion der Sozialversicherungs- beiträge, sondern auch weitere lohnsum- menbezogene Abgaben, etwa der FLAF-Bei- trag (Familienlastenausgleichsfonds).“ Ähn- lich äußert sich Monika Köppl-Turyna, Di- rektorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria: „Wenn wir uns eine lange Zeitreihe ansehen, wird klar, dass sich beim Kostenfaktor Arbeit in Österreich seit dem Jahr 2000 kaum etwas bewegt hat, man kann von einer konstanten Belastung spre- chen.“ Eine signifikante Entlastung wäre laut der Expertin also höchst an der Zeit: „Die Lohn-Nebenkosten sollten spürbar ge- senkt werden, wobei die Ausgabenseite in den Griff bekommen werden muss, damit kein Loch ins Budget gerissen wird. Die Ge- genfinanzierung kann durch Effizienzsteige- rungen gelingen, ohne dass es Einschrän- kungen bei den Leistungen gibt. Ich denke hier an Bereiche wie die Kinderbetreuung, eine Digitalisierungs-Offensive, Reformen des Föderalismus wie auch beim Finanzaus- gleich.“ Schratzenstaller fügt hinzu: „Künf- tige aufkommensneutrale Abgabenstruktur- reformen sollten mehrere Ansatzpunkte zur Gegenfinanzierung nutzen. Erstens weitere schrittweise Erhöhungen umweltbezogener Steuern; zweitens bestimmte vermögensbe- zogene Steuern, konkret die Grundsteuer so- wie die Erbschafts- und Schenkungssteuer.“ Bei der Grundsteuer sollte laut der Ökono- min ein reformiertes Bewertungsverfahren dafür sorgen, dass die steuerlich relevanten Einheitswerte näher an die tatsächlichen Werte herangeführt werden. Eine Erb- schafts- und Schenkungssteuer sollte groß- zügige Freibeträge im engeren Familienkreis sowie „Verschonungsregeln“ für Unterneh- mensübergaben bieten und auf hohe Vermö- gensübertragungen abzielen. Klima im Fokus Ein weiterer Eckpunkt der Fiskalpolitik be- trifft den Klimawandel, wobei die aktuelle Reform eine CO 2 -Bepreisung vorsieht. November 2021 – GELD-MAGAZIN . 17 Wo mehr Brutto bleibt Quelle: Agenda Austria/OECD in diesen Ländern würde ein östereichischer Durchschnittsverdiener im Jahr 2024 monatlich um folgende Beträge netto mehr oder weniger erhalten, in Euro 10 Belgien -216 -216 Deutschland -86 -145 Frankreich -21 38 Italien 70 Tschechien 179 120 Ungarn 194 135 Schweden 241 182 Finnland 319 260 Slowakei 319 260 Griechenland 376 317 Niederlande 568 509 Dänemark 630 571 Polen 651 592 Irland 781 722 nach der Reform vor der Reform

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