GELD-Magazin, Oktober 2021

62 . GELD-MAGAZIN – Oktober 2021 Transparenz schadet nicht ze eine schlechte Investition sind. Wenn dies zu erhöhter Nachfrage führt, wird sich das im Preis widerspiegeln. Um das untersuchen zu können, dürfen ausufernde Regulierungen dem jedoch nicht vorzeitig einen Riegel vorschieben. Wie hoch schätzen Sie dieses Risiko ein? Es ist schwierig, sich ein klares Bild davon zu machen, was wirklich geplant wird. Ich denke niemand, mit Ausnahme von China, will irgendeine Art von Komplettverbot um- setzen. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens, wenn man Krypto einschränken wollte, müsste man praktisch das Internet zensieren. Keine große Volkswirtschaft hat den Drang, das zu tun. Der zweite Grund ist, dass man gegen sehr viele alltägliche Bürger durch- greifen müsste. Die FCA hat diesbezüglich eine Umfrage durchgeführt, und herausge- funden, dass mehr als 20 Prozent der Be- fragten in irgendeiner Weise Krypto-Exposu- re haben. Das ist eine von fünf Personen, die man ins Visier nehmen müsste. Es geht also viel eher darum, Aktivitäten so weit wie möglich unter das Dach bestehen- der Regulierungen zu bringen, aber das be- deutet nicht, dass der komplette Kryptospace unterdrückt werden wird. Die Regulierungs- behörden müssen dennoch vorsichtig sein, wie sie das umsetzen. Sie haben nämlich nur Macht, solange sie diese unter Androhung von Geld- oder Gefängnisstrafen auch durch- setzen können. Wenn ein Unternehmen nicht mehr in ihrem Zuständigkeitsbereich angesiedelt ist, ist das sehr schwer zu be- werkstelligen. Ein Amerikaner, der dann Zu- gang zu DeFi-Krediten haben will, wird die- sen über das Internet trotzdem bekommen, selbst wenn das Unternehmen nicht in den USA ansässig ist. Ich sehe viel eher, dass die H err Guthrie, wir beobachten zu- nehmend wieder eine Verunsi- cherung auf den traditionellen Märkten, erwarten Sie ein baldiges Über- greifen auf den Kryptomarkt? Wir leben in einer sehr globalisierten Welt, was wir am Covid-Ausverkauf im letzten Jahr wieder deutlich sehen konnten. In Mo- menten, in denen allgemeine Panik aus- bricht, versuchen Investoren aus allem, was sie halten, rauszukommen. Der Abverkauf am Kryptomarkt fiel deshalb so heftig aus, da es im Vergleich zu denjenigen die aus praktischen Gründen, wie grenzüberschrei- tenden Überweisungen, Kryptowährungen halten, immer noch viele mit reiner Investiti- onsperspektive gibt. Das erhöhte den nega- tiven Einfluss auf den Preis, als es zu einer Panik auf den Märkten kam. Was ich im letz- ten Jahr jedoch interessant fand, war das re- lative Tempo, mit dem sich die Märkte an- schließend erholten. Es dauerte nur rund sechs Wochen, bis Bitcoin und Co. wieder ihr Vorkrisenniveau erreichten, beim S&P 500 hingegen waren es vier oder fünf Monate. Selbst wenn Investoren ihre Lehren aus der letztjährigen Panik gezogen haben, steigende Konsumausgaben, höhere In- flationsraten und Zinsanstiege können doch nach wie vor Effekte haben – oder? Bitcoin und Kryptowährungen insgesamt sind neu, es liegt in der Natur der Sache, dass es immer noch ein gewisses Maß an Spekulation gibt – vor allem, was die Ver- breitung in der Masse angeht. Man denke nur an das Internet im Jahr 1997, auch da konnte niemand vorhersagen, dass einmal Unternehmen wie Google, Amazon oder Facebook existieren werden. Warum wir zu- nehmende Investitionen in dem Bereich se- Regulierungen werden nicht den Untergang sondern den Beginn der Massen- tauglichkeit von Kryptowährungen einläuten. Jason Guthrie, Head of Digital Assets beiWisdomTree Europe, teilt diese Einschätzung. MORITZ SCHUH Credit: beigestellt INTERVIEW . Jason Guthrie, WisdomTree hen, ist eine Frage darüber, unter welchen Umständen Investoren Krypto als ein rele- vantes Asset in ihrem Portfolio anerkennen. Das muss kein direkter Tausch sondern kann auch einfach eine andere Gewichtung der vorhandenen Anlagen sein. Hier hat und wird das makroökonomische Umfeld einen großen Einfluss haben. Wie effektiv sich Bit- coin als Inflationsschutz eignet, konnte zwar noch nie getestet werden, da es Bitcoin zu Zeiten von Inflation bisher noch nicht gab. Fakt ist aber, dass Bitcoin inflationsre- sistente Eigenschaften, wie sein festes Ange- bot, aufweist. Auch Zinserhöhungen wirken sich in der Regel auf Vermögenswerte aus und sind ein Faktor, der Investoren auf die Suche nach Alternativen und typischerweise in Rohstoffe, Bargeld, oder eben Kryptowäh- rungen treibt. Sich ändernde makroökonomische Bedin- gungen sind typischerweise ein Zeitpunkt an dem Anleger neue Assetklassen ins Auge fassen. Menschen, die sich bei etwas, das sie besitzen, unter Druck gesetzt fühlen, sind meiner Erfahrung nach am meisten moti- viert, sich nach anderen Möglichkeiten um- zusehen. Die eigentliche Frage ist also nicht, wie Bitcoin auf solche Veränderungen rea- giert, sondern vielmehr, wie er von Anlegern betrachtet wird, wenn Aktienbewertungen hoch erscheinen und festverzinsliche Wert- papiere in einem Umfeld steigender Zinssät- Man braucht das System nicht zu bekämpfen, um ein besseres System zu schaffen.

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