GELD-Magazin, September 2021

A lles leere Kilometer“, so hart könnte man die Kritik an E-Autos zusammenfassen. Ein besonders vehementer Skeptiker ist Kai Ruhsert, der gelernte Maschinenbauingenieur hat unter anderem als technischer Rechercheur bei einem Auto-Zulieferer gearbeitet. Für Auf- sehen sorgte sein Buch „Der Elektroauto- Schwindel: Wie Greenwashing-Studien die Energiewende verzögern“. Schon der Unter- titel sagt aus, worum es geht: Systematisch fehlerhafte Studien würden Subventionen für eine Verkehrswende legitimieren, wel- che die Treibhausgasemissionen kurz- bis mittelfristig erhöht. Wissenschaft rebelliert Aber Ruhsert ist bei weitem nicht der ein- zige Kritiker. In einem von über 100 Wissen- schaftern unterzeichneten Brief an die deut- sche Bundesregierung wird gegen E-Autos mobil gemacht. Hier wird etwa argumen- tiert, dass E-Autos Treibhausgase lediglich exportieren würden, weil die Batterien hauptsächlich in China hergestellt werden - unter nicht gerade umweltfreundlichen Be- dingungen. Weiters würden die Boliden in der Realität bis auf weiteres von schmut- zigem Strom aus Kohle und Gas angetrieben werden, weil die Kapazitäten an erneuer- baren Energien schlichtweg begrenzt sind. Prof. Thomas Willner von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg war bei der Erstellung der Protestnote fe- derführend, im Gespräch mit dem GELD- Magazin erklärt er: „E-Mobilität wurde im Kampf für saubere Luft in Ballungsräumen gestartet, als Klimaschutzmaßnahme ist sie aber ungeeignet. Es handelt sich um eine Mogelpackung!“ Auf den offenen Brief gab es übrigens gar keine Reaktion der Bundes- regierung. „Nicht einmal eine Empfangsbe- stätigung“, so Willner. Sind also E-Autos tat- sächlich reif für den Elektro-Schrott? (Wei- tere Kritikpunkte sind auf der Seite rechts zusammengefasst.) Das GELD-Magazin hat bei der gewohnt kritischen Umweltschutz- organisation Greenpeace nachgefragt. „Die beste Option“ Benjamin Stephan, Verkehrsexperte bei Greenpeace, zeichnet ein anderes Bild. Er meint: „Eine klimaverträgliche Verkehrs- wende braucht eine Antriebs- und eine Mo- bilitätswende. Wir müssen unser Verkehrs- system so umbauen, dass durch zusätzliche öffentliche Verkehrsangebote und bessere Fahrradwege immer weniger Menschen auf das Auto angewiesen sind. Es wird aber, ge- rade auf dem Land, auch in Zukunft noch Autos brauchen. Und hier sind E-Autos öko- nomisch und ökologisch die beste Option. Ihr CO 2 -Fußabdruck ist schon heute gerin- ger als der von Verbrennern. Ein großer Vorteil von E-Autos ist auch, dass man sie mittels Recyclings viel besser in die Kreis- laufwirtschaft einbringen kann. Wichtig ist laut dem Experten allerdings, dass es klare Vorgaben gibt, etwa was ein verbindliches Lieferkettengesetz betrifft: „Es müssen klare Menschenrechts- und Umweltstandards hergestellt werden, zum Beispiel was den Abbau von Kobalt im Kongo oder von Lithi- um in Chile betrifft. Hier stehen Automobil- hersteller und Politik in der Verantwor- tung.“ Aber wie steht es nun darum, dass E- Autos mit Strom aus fossilen Brennstoffen oder Atomkraft angetrieben werden? Ste- phan meint, dass die Energiewende noch schneller vorangetrieben werden müsste, mit dem Ziel, dass nur erneuerbare Ener- gien in der Produktion und für den Betrieb BRENNPUNKT . Elektro-Mobilität Große Mogelpackung? Die Kritik an E-Autos ist scharf: „Zu schlechter CO 2 -Fußabruck in der Produktion, brutaler Ressourcenabbau, Abhängigkeit von China“, lauten einige Vorwürfe. Handelt es sich um eine Fehlentwicklung? Die Wahrheit ist differenzierter. HARALD KOLERUS Credits: Christian Rinke-Lazo / Greenpeace; Eisenhans/stock.adobe.com Trotz aller Kritik kommt man mit Elektro- Autos in Relation zur aufgewendeten Energie am weitesten. Lange Fahrt Quelle: Greenpeace So weit kommen verschiedene Antriebe mit der gleichen Menge Energie E-Fahrzeug (Batterie-Elektrisch) Brenstoffzellenfahrzeug (Wasserstoff) Diesel/Benziner mit synthetischem Kraftstoff 25 kWh Reichweite der unterschiedlichen Antriebe bei gleichem Energieeinsatz (25kWh) in einem Auto der Kompaktklasse 110 km 33 km 20 km „ 16 . GELD-MAGAZIN – September 2021 „E-Autos schlagen bereits jetzt schon alle Alternativen.“ Benjamin Stephan, Verkehrsexperte bei Greenpeace

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