GELD-Magazin, September 2021

U rsula von der Leyen fand schöne Worte: „Die Wirtschaft der fossi- len Brennstoffe stößt an ihre Grenzen. Wir wollen der nächsten Generati- on sowohl einen gesunden Planeten hinter- lassen als auch gute Arbeitsplätze und Wachstum, das unsere Natur nicht schädigt. Europa hat als erster Kontinent angekündi- gt, bis 2050 klimaneutral zu sein, und nun sind wir ebenfalls die Ersten, die einen kon- kreten Plan vorlegen.“ So die Politikerin bei der Vorstellung des Klima-Pakets „Fit for 55“. Nachsatz der Präsidentin: „Europa lässt seinen Worten zur Klimapolitik Taten folgen durch Innovation, Investitionen und Sozial- maßnahmen.“ Wahrheit und Dichtung In diesem Zusammenhang fällt einem schnell ein Zitat aus Goethes Faust ein: „Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Bei „Fit for 55“ handelt es sich um einen Vorschlag der EU-Kommission, um die Treibhausgasemissionen innerhalb der Union bis 2030 um zumindest 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren. (Details siehe Bericht rechte Seite.) Inwie- fern lässt sich dieses Ziel verwirklichen, ist es überhaupt ambitioniert genug, und wie lässt sich der Plan finanzieren? Das GELD- Magazin hat bei Experten nachgefragt. Die Richtung stimmt, aber ... Beginnen wir mit dem Positiven. Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiespezialist bei Global 2000, erklärt: „Prinzipiell han- delt es sich um ein sehr großes Paket, das man nicht alle Tage sieht und das sehr viele Veränderungen bringen wird. Die einge- schlagene Richtung stimmt, es gibt aber noch viel Luft nach oben.“ Positiv beurteilt Wahlmüller zum Beispiel, dass in das Emis- sions-Handelssystems endlich der Bereich der Schifffahrt einbezogen worden ist. Ebenso, dass eine Kerosinsteuer eingeführt und die Automobil-Emissionen schrittweise gegen Null gedrückt werden sollen. Ähnlich beurteilt Jasmin Duregger von Greenpeace „Fit for 55“: „Es gab noch nie ein derart am- bitioniertes Paket, es kommt allerdings zu spät und geht nicht weit genug. Wir brau- chen mehr für die große ökologische Trend- wende in den nächsten Jahrzehnten. Wir se- hen somit also gute Ansätze, an den Details hapert es aber.“ Womit wir bei der Kritik an- gelangt sind. So hält die Expertin zum Bei- spiel das Ausstiegsdatum für Benziner mit 2035 als „zu spät“ angesetzt. Ein funda- mentaler Kritikpunkt ist aber, dass die ange- strebte Emissions-Reduktion in Wirklichkeit gar nicht ausreicht, um übergeordnete Kli- COVERSTORY . Klimawandel Mehr als ein PR-Gag „Fit for 55“ lautet das neue Konzept der EU im harten Kampf gegen die Erd­ erwärmung. Ist das nur ein weiterer blumiger Marketing-Slogan oder doch der richtungsweisende Plan für unsere Klima-Zukunft? HARALD KOLERUS Credits: Alexander Müller; EU-Kommission; James Thew/Stock.adobe.com Die EU will „grüner“ werden, aber reichen die Bemühungen für den ganzen Planeten aus? 12 . GELD-MAGAZIN – September 2021

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