GELD-Magazin, Juni 2021

D ie starke Zunahme des Arbeitens und Lernens von zu Hause aus via Computer, Notebook oder Tablet brachte ein Comeback der Chipbranche. Große Trends sorgen in dem Sektor für langfristig gute Aussichten: mehr Rechen- leistung in den Datenzentren für Cloud- Computing, der Mobilfunk-Standard 5G, Chips für die neue Generation der Spiele- konsolen, Halbleiter für Autos mit alterna- tiven Antrieben, Sensoren und Chips für Fahrassistenzsysteme und in einigen Jahren für selbstfahrende Autos sowie die Digitali- sierung der Industrieproduktion. Der globa- le Lock Down und Krypto-Mining haben die Knappheit an Halbeiterchips noch ver- schärft. Trotzdem konnte die Chipindustrie starke operative Ergebnisse und positive Ausblicke verkünden. Allerdings zeigt ein Blick auf die jüngere Vergangenheit auch Risiken auf: Schon 2018 gab es ähnliche Knappheiten bei verschiedenen Halbleitern, ein Jahr später schwappte eine Chip- Schwemme mit Preisdruck über die Indus- trie hinweg. Die aktuellen Faktoren, wie die starke Corona-getriebene Nachfrage (Home Office), begrenzte Produktionskapazitäten wieder erholt haben. Denn es geht nicht nur um die Konsumentennachfrage: Auch die Lagerbestände sind leergefegt und müssen erst wieder aufgefüllt werden. Lieferverzö- gerungen von über drei Monaten sind der- zeit üblich. Auch steigende Rohstoffkosten spielen eine Rolle für das gesamte Preisge- füge. Die für die Chipindustrie aktuell gel- tenden Book-to-Bill-Ratios, also das Verhält- nis zwischen Auftragseingängen und Chip- auslieferungen, liegt deutlich über Eins, was hohe Knappheit anzeigt. Es wird noch länger dauern, bis dieser Auftragsberg ab- getragen werden kann. Geschäftsmodelle der „Fabs“ Obwohl Infineon, NXP und Texas Instru- ments (TI) Teile ihrer Produktion auslagern, fertigen sie größtenteils noch in eigenen Fa- briken, sogenannten Fabs. Diese „fabrizie- ren“ nanometergenaue Silizium-Wafer für Computerchips. Neue Fabs-Kapazitäten brauchen fast zwei Jahre Anlaufzeit, bevor sie den Markt bedienen können. Nvidia da- gegen besitzt keine eigenen Fertigungsstät- ten und arbeitet somit nach dem sogenann- ten Fabless-Prinzip. In den letzten Jah- MÄRKTE & FONDS . Halbleiter-Knappheit Chiphersteller im Aufwind Digitaltrends wie Homeschooling bzw. Home Office beflügeln die Nachfrage. In der Autobranche kommt es sogar zu Engpässen. Viele Halbleiterproduzenten arbeiten mit maximaler Auslastung. Wir nennen die Top-Favoriten. WOLFGANG REGNER Credit: H_Ko/stock.adobe.com und der Handelskonflikt zwischen China und den USA könnten aber eine neuerliche Überkapazität mit Preisdruck verhindern. Dazu kommt die steigende Chip-Intensität: in allen Elektronikprodukten, vor allem in der Automobilindustrie, werden immer mehr Halbleiter verbaut. Das Wachstum von Halbleitern für mobile Endgeräte und Anwendungen hat weniger überrascht, wohl aber die starke Nachfrage aus dem PC- Bereich. Die größten Automobil-Konzerne wie GM, Ford und Volkswagen mussten Pro- duktionen teilweise stilllegen. Lieferketten unterbrochen Dazu kommen Sonderfaktoren, wie ungün- stiges Wetter im weltgrößten Chipherstel- lerland Taiwan. Das Ausbleiben der saisonal üblichen Taifune hat wegen geringer Regen- mengen zu Wasserknappheit geführt, und die Chipindustrie ist einer der größten Was- serverbraucher. Die Regierung musste das Wasserangebot rationieren, Chipwerke wur- den heruntergefahren. Die Halbleiterzulie- ferungen liegen bis zu 30 Prozent unter der aktuellen Nachfrage, und es wird bis Mitte 2022 dauern, bis sich die Zulieferketten 44 . GELD-MAGAZIN – Juni 2021

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