GELD-Magazin, Juni 2021

Aktien-Check: Sehr unterschiedliche Meinungen Dass Ratingagenturen die Nachhaltigkeit von Aktien sehr abweichend einschätzen können, beweisen die Grafiken zu Amazon und Apple. Sowohl im ESG-Gesamtscore als auch in den Unter- kategorien (Environmental, Social, Governance) klaffen die Bewertungen auseinander. Auf der Skala steht 0 für die schlechteste und 100 für die beste Einschätzung. Chancen und Risiken Die anschwellenden Kapitalflüsse in nachhaltige Investments lassen auch das Risiko von Preisblasen steigen. Davor warnt unter anderem Guillaume Mascotto, Nachhaltigkeitschef von American Century. Das Invesmenthaus ist selbst auf ESG- und Impact-Invest- ments fokussiert. Gefahren Mascotto verweist darauf, dass die Mittelzuflüsse von nachhaltigen In- vestments zum großen Teil in diesel- be Richtung strömen: „Viele Anbie- ter legen ähnliche ESG-Produkte auf und investieren in die gleichen Aktien. So haben zahlreiche ESG-Manager bereits Sektoren wie Technologie, er- neuerbare Energien und das Gesund- heitswesen übergewichtet. Wir sehen deswegen das Risiko, dass ESG-In- vestments völlig überlaufen und daher zu hoch bewertet werden. Je mehr die Nachfrage nach ESG-Investments steigt, desto besser sollten Anleger die möglichen Risiken im Auge behalten“, so Mascotto. Chancen Neben dem Risiko von Preisblasen identifiziert der Experte jedoch auch Trends, die Anlegern neue Chancen im Bereich ESG-Investments aufzeigen können. Dazu zählen Investments ent- lang der UN Sustainable Development Goals und der Digitalisierungs-Schub durch Corona. hier einen kritischen Blick behalten: Ohne Statistiker sein zu müssen, weiß man, dass die Ergebnisse einer Untersuchung stark von deren Setting, Grundannahmen und Daten abhängig sind. Der Großteil der mir bekannten Analysen geht jedenfalls à la longue von einer verbesserten risiko-adjus- tierten Performance durch den Einsatz von ESG-Investments aus.“ Der Experte gibt weiters zu bedenken, dass ESG-Daten jetzt nicht seit 50 oder gar 100 Jahren zur Verfü- gung stehen. Eine wirklich langfristige Da- tenreihe müsse sich erst aufbauen. „Außer- dem fehlt noch immer eine allgemein gül- tige Definition von Nachhaltigkeit, wobei ich bezweifle, dass sich eine solche jemals durchsetzen kann. Zu unterschiedlich er- scheinen die Standpunkte.“ Standards in Greifweite Dabei sieht es Osojnik positiv, dass im Rah- men des EU-Aktionsplanes zumindest ein- heitliche Standards bei Umweltinvestments implementiert werden sollen: „In Folge rechne ich mit einer dramatischen Zunah- me der Qualität in diesem Bereich in den nächsten Jahren. Das S und G aus ESG bleibt derzeit aber noch größtenteils ausge- klammert, hier sehe ich noch keine Lö- sungen.“ An eine Preisblase bei nachhal- tigen Investments glaubt der Experte nicht: „Noch immer sind viele Unternehmen noch gar nicht vom ESG-Radar erfasst, hier ist noch ,Luft nach oben‘ bzw. sind weitere Möglichkeiten für Investitionen da.“ Gekommen, um zu bleiben Das Fazit sieht also versöhnlich aus, Chand- ra Seethamraju, Portfolio-Experte bei Fran- klin Templeton: „Unternehmen, die bei ESG-Kennzahlen besser abschneiden, wei- sen ein geringeres Risiko auf. Da es offen- sichtlich ist, dass der Markt beginnt, unter- nehmensspezifische ESG-Risiken einzuprei- sen, erwarten wir eine weitere Integration von ESG-Überlegungen neben der traditio- nellen Finanzanalyse.“ Nachhaltigkeit bleibt also auf dem Vormarsch. Quellen: MSCI, Sustainalytics, Robeco and Renitiv 100 75 50 25 0 Governance Social Environmental ESG Amazon 100 75 50 25 0 Governance Social Environmental ESG Apple Thompson Reuters MSCI Sustainalytics Robeco Juni 2021 – GELD-MAGAZIN . 43

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