GELD-Magazin, Mai 2021

Mai 2021 – GELD-MAGAZIN . 37 Kann sich die Outperformance des Agrarsektors nach der Corona-Pandemie fortsetzen? Davon ist auszugehen. Insbesondere die Angst der Investoren vor einem Anziehen der Inflation bewirkt Portfolioumschichtungen, die dem Agrarsektor zu- gutekommen sollten. Als Hedge gegen Inflation sind generell Rohstoff-Investments als Diversifikation der- zeit ratsam, da die bisher favorisierten Wachstums- werte unter steigenden Inflationserwartungen eher leiden dürften. Aber auch der sich verbessernde Ge- schäftsausblick für Aktien aus dem Landwirtschafts- sektor spricht sehr dafür. Die Kapazitätsauslastung und der Auftragsbestand bei den Landtechnikunter- nehmen sind extrem hoch, mit entsprechend posi- tiven Effekten auf die Produktivität. Welches sind die wichtigsten fundamentalen Ein- flussfaktoren? Obwohl eine Erwärmung der Erdatmosphäre über ei- nen erhöhten CO 2 -Gehalt nicht unbedingt nachteilig für das Pflanzenwachstum ist, werden zunehmende Wetterextreme dennoch temporär immer wieder er- hebliche Ernteeinbußen bewirken. Zuletzt sorgte das Wetter-Phänomen „La Niña“ für anhaltende Trocken- heitsperioden in Südamerika. Aufgrund der hier- durch bedingten verzögerten Sojabohnenernte kommt es nun bei der dortigen Zweitfrucht, dem Safrina- Mais, zu Hitzestress. Auch für den US-Maisgürtel wäre ein Fortbestand von „La Niña“ nicht vorteilhaft. Zudem verzögerte ein Kälteeinbruch in den USA jüngst die anstehende Aussaat. Da die Mais- und So- ja-Vorratsbestände aufgrund der Käufe Chinas auf einem historisch äußerst niedrigen Niveau sind, wür- den witterungs-bedingte Hemmnisse beim Pflanzen- wachstum die Notierungen der „Soft Commodities“ Mais und Soja noch schneller ansteigen lassen. Und wie sieht es längerfristig betrachtet aus? Bis 2050 müssen gemäß der Welternährungsorgani- sation (FAO) jedes Jahr 80 Millionen Menschen mehr ernährt werden. Im Zuge der Urbanisierung und der Änderung der Essensgewohnheiten wird sich der Proteinverbrauch pro Kopf in diesem Zeitraum um zwei Drittel erhöhen. Da der Ausweitung der Acker- flächen Grenzen gesetzt sind, dürften weitere Effizi- enzsteigerungen erforderlich sein. Ein weiterer Aus- weg, das absehbare Defizit einzudämmen, wäre die Entwicklung und der Verzehr alternativer Protein- quellen, wie aus Insekten, Algen oder auch Pilzen. Zu guter Letzt könnte auch die landbasierte Fisch- zucht mit Hilfe moderner Wasseraufbereitungsanla- gen (sog. RAS-Anlagen) an Bedeutung gewinnen. Jörg Dehning, Fondsmanager des DJE Agrar & Ernährung . INTERVIEW „Angesichts der guten Absatzpreise dürften die US-Landwirte ihre Ackerflächen im Vorjahresvergleich ausweiten.“ men. Auch der Faktor Nachhaltigkeit wird immer bedeutsamer. Konsumenten wenden sich von konventionell produzierten Nah- rungsmitteln ab und greifen zu nachhal- tiger, weniger CO 2 -intensiver und stärker pflanzenbasierter Bioware. Damit gibt es eine strukturelle Zunahme der Nachfrage nach Lebensmitteln auf pflanzlicher Basis, die einen geringeren Wasser- und Landver- brauch nach sich ziehen. Der BGF Nutrition Fund investiert in diejenigen Unternehmen, die von diesen Trends positiv erfasst und zu Wachstumsträgern der Agrarindustrie wer- den. „In den kommenden 20 Jahren wird sich die globale Agrarindustrie von tieri­ schen Proteinquellen abwenden und diese durch Bioreaktoren ersetzen. Mikroorganis- men können größere Proteinmengen bei niedrigeren Kosten erzeugen“, sagt Huggins. Mayssa Al Midani, Senior Investment Mana- gerin bei Pictet Nutrition, sieht ebenfalls langfristig strukturelle Trends in der Nah- rungsmittelproduktion. Die Corona-Krise hat deutlichen Einfluss auf die Ernährungs- gewohnheiten gehabt. Nun werden qualita- tiv höherwertige, biologisch hergestellte und damit gesündere Lebensmittel („Func- tional Food“) immer stärker favorisiert. Pro- biotische Milchprodukte sollen einen immu- nologisch positiven Effekt haben. Pflanzen- basierte Eiweiße ersetzen tierische Proteine. „Wir investieren weder in Kunstdünger, Pe- stizide oder Herbizide, noch in Nahrungs- mittel wie Rindfleisch, Süßwaren, kohlen- säurehaltige Softdrinks, aber auch nicht in Fast-Food-Restaurants oder Hersteller von Wegwerf-Plastikverpackungen. Die Seg- mente haben negativen Einfluss auf die Ge- sundheit sowohl der Konsumenten als auch der Ökosysteme“, schließt Al Midani.

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