GELD-Magazin, März 2021

Prozent des BIP und damit auf den höchsten Stand seit Gründung der Währungsunion angewachsen. Möglich wurde der gewaltige Anstieg durch das Außerkraftsetzen des Maastrichter Stabilitäts- und Wachstums­ pakts, der die Länder eigentlich dazu ver­ pflichten würde, Haushaltsdefizite von ma­ ximal drei Prozent und eine Gesamtver­ schuldung von weniger als 60 Prozent des BIPs einzuhalten. Für 2021 geht die Europä­ ische Kommission jedoch davon aus, dass sich der Euroraum eher im Bereich von über sechs Prozent Defizit und etwa 100 Prozent Verschuldung zum BIP bewegen wird – Zah­ len, die in manchen sparsameren Ländern vermehrt für politischen Unmut sorgen. Ob die Maastrichter Vorgaben jedoch über­ haupt jemals in derselben Form wieder Gül­ tigkeit erlangen, wird derzeit heiß disku­ tiert. Bereits vor Beginn der Pandemie wa­ ren Änderungen angedacht, da die Regeln ohnehin immer häufiger verletzt wurden und kaum Beweise dafür vorlagen, dass sie zu Stabilität und Wachstum beitragen. Notwendige Defizite Was die langfristigen Auswirkungen der an­ gehäuften Schulden betrifft, gehen die Mei­ nungen der Ökonomen auseinander. Darü­ ber, was die Alternative zum Schuldenma­ chen in einer solchen Situation wäre, ist man sich aber weitgehend einig. Defizitaus­ gaben gelten als genau die Hilfe, die die Wirtschaft derzeit braucht. Erst kürzlich kommentierte Nobelpreisträger Joseph Stig­ litz, dass in den USA weiterhin eine erheb­ liche Lücke zwischen der tatsächlichen und der potenziellen Wirtschaftsleistung beste­ he und forderte die Gesetzgeber auf, diese zu schließen: „Defizitausgaben erhöhen Produktion und Beschäftigung, was zu mehr Steuereinnahmen führen kann“, so Stiglitz. „Wenn wir dadurch mehr Wachs­ tum und Beschäftigung erzielen, dann sollten wir uns über das Defizit keine allzu großen Sorgen machen.“ Dies gilt jedoch nur, solange sich die Kosten für die Finanzierung der massiven öffentli­ chen und privaten Schuldenlast nicht erhö­ hen, was eine Erholung bremsen würde. An­ leger weltweit wetten derzeit jedoch ver­ mehrt darauf, dass die Impfungen zu einer baldigen Aufhebung der Corona-Beschrän­ kungen führen werden, wonach es voraus­ sichtlich zu einem Anstieg der Verbraucher­ ausgaben kommen wird und die Inflation angeheizt würde. Spürbar werden diese Er­ wartungen bereits in einem erkennbaren Anstieg der Renditen auf den Anleihemärk­ ten. Zentralbanken Da auch Banken diese Renditen als Refe­ renz für ihre Kredite an Haushalte und „Ohne weitere Maßnahmen riskieren wir jetzt eine längere, schmerzhafte Rezession und später eine langfristige Beeinträchtigung der Wirtschaft.“ Janet Yellen, Finanzministerin der USA Länder-Verschuldungen Der Schuldenstand der Europäischen Union liegt insgesamt bei 11,86 Billi- onen Euro. Die höchste absolute Ver- schuldung hat Frankeich mit 2638,27 Milliarden Euro. Dicht gefolgt von Ita- lien und Deutschland. Allerdings wei- sen Länder mi t einer ger ingeren Wirtschaftsleistung eine höhere Schul- denquote auf. Die höchste Staatsschul- denquote hat Griechenland mit 187,4 Prozent. Die Verschuldung liegt in der EU bei durchschnittlich rund 89,8 Pro- zent und in den Euro-Ländern bei 97,3 Prozent des BIP. Die geringsten Staats- schulden hat Estland mit 5,09 Milliar- den Euro und einer zusätzlich nied- rigen Schuldenquote mit 18,5 Prozent. Weltweit hat die USA die höchste abso- lute Staatsverschuldung. Trotz der ho- hen Schulden liegt die Schuldenquo- te derzeit aber bei 100 Prozent. Die höchste Schuldenquote für 2020 hat Japan mit einem prognostizierten Wert von 266,18 Prozent. Dicht gefolgt von dem Sudan mit 259,39 Prozent. In Ma- cau hingegen gibt es zurzeit keine Ver- schuldung. Orte mit geringen Schul- den sind außerdem Hong Kong und das Sultanat Brunei. Staatsschulden in der Eurozone sind sprunghaft gestiegen Auch die Eurozone näherte sich im vergangenen Jahr einer Verschuldung in Höhe der Wirt- schaftsleistung an. Betrug die Schuldenquote im dritten Quartal 2020 noch 97,3 Prozent, so dürften die letzten Zahlen diese wohl über die 100-Prozent-Grenze befördern. Quelle: Europäische Kommission in Prozent / BIP in Prozent / BIP 2016 2017 2018 2019 2020 2021e 2022e 100 80 60 0 -2 -4 Budgetdefizit Staatsschulden EU-Ziel EU-Ziel März 2021 – GELD-MAGAZIN . 9

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