GELD-Magazin, März 2021

BRENNPUNKT . Globale Schulden Unternehmen heranziehen, beobachten Zentralbanken diese Entwicklung derzeit besonders genau. Sollten die Zinsen für Staatsanleihen in den kommenden Wochen weiter steigen, kann damit gerechnet wer­ den, dass einige Notenbanken ihre Anleihe­ käufe abermals verstärken. „Wir verfolgen die langfristigen Zinssätze sehr genau. Die Finanzierungsbedingungen sind günstig, aber wir müssen sicherstellen, dass sie auch weiterhin günstig bleiben“, sagte etwa der Gouverneur der Banque de France, Francois Villeroy de Galhau, Ende Februar in einem Interview. Auch der Vor­ sitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, signalisierte zuletzt, dass die amerikanische Zentralbank ihre Unterstützung für die von der Pandemie geschädigte US-Wirtschaft bei weitem nicht zurückziehen werde, ob­ wohl er Erwartungen zu einer Rückkehr wirtschaftlichen Aufschwungs hege. Den jüngsten Anstieg der Anleiherenditen be­ zeichnete er als Vertrauenserklärung in ei­ nen robusten wirtschaftlichen Ausblick. Risiko Inflation Ganz so sicher darüber, dass das viele Geld der Notenbanken, das bislang nur in den Bankbilanzen aufscheint, im Falle eines Aufschwungs nicht rasch den Weg in die re­ ale Wirtschaft finden könnte, sind sich bei weitem allerdings nicht alle Marktbeobach­ ter. Die Erfahrungen seit der Krise von 2007/2008, als die Zentralbanken began­ nen, beispiellose monetäre Impulse zu set­ zen, und trotzdem nicht dazu in der Lage waren, die Inflation in Richtung ihres Zwei- Prozent-Ziels zu heben, müssen nicht ewig Gültigkeit behalten. Es ist nicht auf Dauer davon auszugehen, dass sich die Zukunft wie die jüngste Vergangenheit verhält. Die Welt nach der Pandemie wird einen ersten Test bieten, ob die niedrige Inflation anhält, wenn die Nachfrage steigt, die Angebotsbe­ schränkungen weiter bestehen und Unter­ nehmen versuchen, ihre Gewinne wieder aufzubauen. Verlockende Situation Da es keine goldene Regel für die Höhe der Verschuldung gibt, ab der einem Staat die Pleite droht (point of no return), finden wir uns jedoch in einer verführerischen Situati­ on wieder. Manche Ökonomen und Politiker pochen nun darauf, dass leistungsfähige Staaten ihre Schulden einfach aussitzen sol­ len: Alte Schuldpapiere können durch im­ mer neuere ersetzt werden, denn solange die Zentralbanken die Zinsen niedrig hal­ ten, kostet dies ja nichts. Wenn dann die Wirtschaftsleistung mit einer höheren Rate wächst als der Zins auf Staatspapiere, sinkt auch die Schuldenquote, ohne dass auch nur ein Cent zurückgezahlt werden muss. Notenbanken pumpen immer mehr Geld ins System Schulden weginflationieren? Theoret i sch muss In f l a t ion kei ne schlechte Sache für die Staatsverschul- dung sein. Beschleunigte Preise haben Regierungen schon in der Vergangen- heit geholfen, Schuldenberge zu be- wältigen, indem sie die Steuereinnah- men in die Höhe treiben, während die geschuldeten Beträge nominal gleich- bleiben. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist es den Vereinigten Staaten gelun- gen, ihre Schuldenquote auf diese Wei- se von weit über 100 auf 26 Prozent in den Achtziger Jahren zu drücken. Belgien reduzier te seine Schulden seit den Neunziger Jahren innerhalb von 15 Jahren von 138 auf 87 Prozent. Ein solcher Versuch birgt jedoch auch Risiken. Sollte die Inflation zurückkeh- ren, ist es vorstellbar, dass Anleger zum Ausstieg aus Staatspapieren eilen, um Anleihenverluste zu vermeiden. Sobald dem Verhältnis zwischen Ver- schuldung und Bruttoinlandsprodukt wieder mehr Beachtung geschenkt wird, kann es schnell düster werden. Die Zentralbanken könnten dann nicht mehr eingreifen und die Zinsen nied- righalten, da ein zu starkes Engage- ment die Inflation nur zusätzlich befeu- ern würde. Zentralbanken haben ihre Bilanzen 2020 kräftig ausgeweitet, um hochverschuldeten Ländern mit niedrigen Zinsen unter die Arme zu greifen. Nun mehren sich die Befürchtungen, dass die hohe Liquidität im Falle eines Aufschwungs seinen Weg in die Realwirtschaft finden könnte. Quelle: Bloomberg Federal Reserve EZB Bank of Japan Bank of England Bank of Canada in Billionen US-Dollar 5 4 3 2 1 0 2008 2009 2011 2012 2013 2014 2016 2017 2018 2019 2010 2015 2020 10 . GELD-MAGAZIN – März 2021

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