GELD-Magazin, März 2021

„Aber klar ist auch: Hochwertige Büroobjekte in guten Lagen werden weiterhin attraktiv bleiben.“ Ernst Vejdovszky, CEO der S IMMO AG 66 . GELD-MAGAZIN – März 2021 teilweisen Mietausfall zu rechnen. In Deutschland ist das Risiko einer temporären Unbenutzbarkeit der Sphäre des Mieters zu- gerechnet. Prinzipiell haben wir mit den Mietern im Regelfall übliche Incentives in Form von mietfreien Zeiten gegen eine Ver- längerung der Mietvertragsdauer bzw. des Kündigungsverzichtes gewährt.“ Viele Probleme gibt es allerdings schon län- ger. „Der stationäre Einzelhandel befand sich in Österreich, wie in den meisten ande- ren Ländern, auch schon in Vor-Corona- Zeiten in einem Umbruch. Österreich ist Europameister in Bezug auf die Pro-Kopf- Einkaufsfläche. Der ansteigende Online- Handel setzt den klassischen Vertriebswe- gen zusätzlich zu“, erklärt Obrowsky und zeigt Beispiele auf: „In den Bereichen Elek- tro- und Spielwaren wurden schon in den vergangenen Jahren bis zu 40 Prozent des Umsatzes online generiert, in den letzten Monaten hat dieser Trend den Modehandel mit voller Wucht getroffen. Es werden mit- telfristig demnach weniger stationäre Ver- kaufsflächen nachgefragt werden.“ Trotz- dem gibt es für leere Handelsflächen neue Verwendungszwecke: „Online georderte Waren müssen zugestellt oder abholbereit gelagert werden. Last-Mile-Distributionsla- ger oder Abholstellen haben einen Aufhol- bedarf. Zudem entwickelt sich das klas- sische Fachmarktzentrum (FMZ) weiter mit einem steigenden Angebot an Gastronomie und Entertainment. Der Flächenbedarf bleibt, die Fläche wird nur anders genutzt“, zeigt sich Obrowsky zuversichtlich. Allerdings geraten schlechtere Lagen immer mehr unter Druck. Dazu Pöltl: „B- und C- Standorte sind unabhängig von der Pande- mie schon seit mehreren Jahren unter Druck, da die Retailer eher konsolidieren anstatt zu expandieren. Als Konsequenz werden Standorte mit geringerer Frequenz häufig aufgelassen.“ Von den etwaigen Mietrückgängen sind somit primär B- und C-Lagen betroffen, da für die Prime-Lagen Ketten mit neuen Konzepten sich bietende Gelegenheiten nutzen werden. Und Vejdovszky bringt es auf den Punkt: „Wichtig ist: Der Handel lebt von guten La- gen – die sind rar und damit heiß begehrt. Das heißt, Flächen in guten Lagen werden auch in Zukunft leicht einen Mieter finden. In weniger attraktiven Lagen werden die Mieten klarerweise unter Druck geraten.“ Hochwertige Büroimmobilien weiterhin gefragt Der Homeoffice-Trend zeigte bei Büroimmo­ bilien noch keine bemerkbaren Auswirkun­ gen. „Wir spüren bisher keine Flächenreduk- tion und ich gehe, wenn überhaupt, auch nur von minimalen Rückgängen aus“, so Vej- dovszky. Büros werden zu Repräsentations- zwecken weiterhin wichtig sein. Für Pöltl ist noch nicht endgültig abzuschätzen, welcher von zwei Trends sich stärker auswirken wird: „der Trend, Büroflächen zu reduzieren und Arbeitsplätze ins Homeoffice zu verle- gen, oder der Trend, Zellenbüros statt Groß- raumbüros zu konzipieren und für die Mit- arbeiter mehr Fläche pro Arbeitsplatz vorzu- sehen.“ Zu aktuellen Preistrends meint Vej- dovszky: „Im deutschen Markt stiegen 2020 die Mietpreise für Büroimmobilien in den Großstädten trotz der Rahmenbedingungen an, die Spitzenrenditen waren bzw. sind weiterhin rückläufig. Für Österreich zeigt sich ein ähnliches Bild, insbesondere die Renditen im Verkauf sind ungebremst ge- ring.“ Den deutschen Büromarkt, vor allem auch die Hauptstadt Berlin, erachtet Vej- dovszky als „weiterhin sehr attraktiv“ mit der Begründung, dass im internationalen Vergleich mit Nachbarn, wie Paris oder Lon- don, geringe Pendelzeiten, das Lohnniveau und ein vergleichbar starker Konjunktur- spiegel Unternehmen an den Standort lo- cken. Auf zwei bis drei Jahre skizziert Vej- dovszky folgende Entwicklung: „Aufgrund von Insolvenzen kann es im Mietbereich na- türlich passieren, dass in absehbarer Zeit mehr Flächen auf den Markt kommen und die Mietpreise dadurch unter Druck geraten. Gleichzeitig sind vor allem in Wien Büroflä- chen aktuell ein knappes Gut, einen Über- hang an Fläche sehe ich daher in den näch- sten Jahren nicht. Möglich ist auch, dass das eine oder andere Büroobjekt eine Umnut- zung in Wohnen erfährt. Aber klar ist auch: Hochwertige Büroobjekte in guten Lagen werden weiterhin attraktiv bleiben.“ IMMOBILIEN . Preisentwicklungen Differenzierung der Einzelhandelssegmente Gewinner Lebensmittelmärkte und Geschäfte des täglichen Bedarfs: Renditen laut Pöltl weiter gesunken, in guten La- gen bereits unter vier Prozent. Fachmarktzentren (FMZ) mit Lebens- mitteln, Drogerie, Tierfutter, Apotheke und Trafik: Diese haben ihre Stabilität in der Krise gezeigt und konnten teils sogar den Umsatz steigern. Bezo- gen auf Österreich und Deutschland: Stabile Spitzenrenditen von ca. 4,75 Prozent; Spitzenmieten von 14 Euro sind ein deutlicher Vorteil gegen- über Einkaufszentren mit bis annä- hernd 100 Euro pro m 2 und Monat. Verlierer Einkaufszentren, vor allem mit hohem Anteil an Textil- und Schuhgeschäften, High-Street-Retail (Einkaufsstraßen): Bezogen auf Österreich und Deutsch- land haben zuletzt bei sinkenden Prei- sen die Renditen in den innerstädti- schen Einkaufsstraßen von etwas über drei Prozent auf knappe vier Prozent zugelegt. Credit: beigestellt Quelle: LLB Immo KAG

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