GELD-Magazin, Februar 2021

Februar 2021 – GELD-MAGAZIN . 11 Rätsel auf. Einige seiner Wegbegleiter ver- muten, dass die Aktienpakete, die vor dem Börsengang an Banken und andere staats- nahe Institutionen ausgeschüttet wurden, ihn womöglich in vermeintlicher Sicherheit wiegen ließen, dass seine Kritik stille Zu- stimmung erhalten würde. Von Alipay zum Finanzgiganten Anfang der 2000er-Jahre war der chine- sische Finanzsektor von Privatunternehmen noch völlig unerschlossen. Ma bemerkte, dass es in China keinen echten Standard für Online-Zahlungen gab, da die Staatsbanken nicht bereit waren, miteinander zu koope- rieren. 2004 schuf er daraufhin mit seiner Alibaba Group den Zahlungsdienstleister Alipay, der Geld für Kunden treuhänderisch verwaltete. Alipay, das 2010 als eigenstän- diges Unternehmen ausgegliedert und spä- ter in Ant Financial umbenannt wurde, löste bald PayPal als größte Onlinebezahlplatt- form der Welt ab. Doch erst mit der Einfüh- rung des Geldmarktfonds Yu’ebao im Jahr 2013 begann Ant wirklich abzuheben. Ei- gentlich für Sparer konzipiert, wurde Yu’ebao aufgrund einfacher Bedienbarkeit, dem niedrigen Mindestguthaben von nur einem Yuan und den weitaus besseren Zins- konditionen als bei Staatsbanken schnell als Girokonten genutzt, über die heute mehr als ein Drittel der chinesischen Bevölkerung ihre Zahlungen tätigt. Von einfachen Über- weisungen wuchs Ant damit zu einem gi- gantischen One-Stop-Shop für Finanzdienst- leistungen, die von Investmentprodukten über Versicherungen bis hin zu alltäglichen Bezahlungen mittels QR-Codes reichen, die in China nicht mehr wegzudenken sind. Richtungswechsel Ants Aufstieg ist nicht zuletzt auf jahrelange Regierungspolitik zurückzuführen, die den boomenden Internetsektor vor ausländi­ scher Konkurrenz schützte. Unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit wur- den Beschränkungen ausländischen Eigen- tums und Markteintrittsbarrieren einge- führt, die den Wettbewerb aus Übersee praktisch ausschlossen. Es sollte jedoch der Punkt kommen, an dem der übergroße Ein- fluss der Techfirmen von Peking zunehmend als Risiko für die politische und wirtschaft- liche Stabilität des Landes angesehen wur- de. 2016, als Yu’ebao einen Höchststand von über 260 Milliarden Dollar an verwalteten Vermögenswerten erreichte, begannen viele der staatlichen Banken und ihre Aufsichts- behörden, den Kapitalabfluss in Richtung Ant kritisch zu sehen und um ihre Liquidität zu fürchten. Es folgten zähe Verhandlungen, die am Ende in von der chinesischen Zen- tralbank festgelegten individuellen Einzah- lungsobergrenzen resultierten. Jack Ma: Vom Englischlehrer zum Internet-Milliardär In bürgerlichen Verhältnissen als Ma Yun am 10.09.1964 in Hangzhou geboren, war Ma schon früh fasziniert von der englischen Sprache und bemüht, seine Kenntnisse stetig zu ver- bessern. Als Teenager begann er, Touristen im Austausch für Englischunterricht Stadtführungen anzubieten. Dabei lernte er den australischen Touristen Ken Morley kennen, zu dem er eine innige Freundschaft aufbaute und dem er auch den Spitznamen „Jack“ zu verdanken hat. Trotz seiner Ambitionen gelang es Ma erst beim dritten Anlauf, die schwierigen College-Aufnahme- prüfungen zu meistern und so begann er ein Englisch-Studium am Hangzhou Teacher‘s Institute. Nach seinem Abschluss im Jahr 1988 heiratete er seine Frau Cathy, mit der er später drei gemeinsame Kinder bekam. Die Jobsuche gestaltete sich anfangs schwierig, doch schließlich wurde Ma als Englisch- lehrer angestellt. Später gründete er eine Übersetzungsfirma, die ihn 1995 für eine Geschäftsreise in die USA führte. Dort kam er erstmals mit dem Internet in Kontakt und war sofort fasziniert. Zurück in China beschloss er, eine Internetfirma namens „China Pages“ zu gründen. In den folgenden Jahren baute er weitere Homepages für chinesische Firmen und leitete ein staatliches IT-Unternehmen, bis er 1998 mit 18 Freunden in seiner Wohnung den Online-Marktplatz „Alibaba“gründete. Der Dienst, der chinesische Exporteure mit ausländischen Kunden vernetzte, war ein voller Erfolg. Innerhalb von zwei Jahren investierten Goldman Sachs und SoftBank 25 Millionen Dollar in Alibaba und legten damit den Grundstein für Ma´s Imperium. Mach niemals Geschäfte mit der Regierung. Sei in sie verliebt, aber heirate sie nicht.

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