GELD-Magazin, November 2020

AKTIEN . Österreich M it dem Rückgang des ATX Ende Oktober auf knapp über 2000 Punkte preisten sich die reduzierten Erwartungen auf-­ grund des zweiten Lock Downs in die Akti- enkurse ein. Für die Wirtschaft wird ein so- genanntes Double Dip – ein neuerliches Ab- sacken des BIP in eine zweite Rezession im vierten Quartal – befürchtet. Da die Erfah- rung aus dem ersten Lock Down jedoch war, dass sich die Aktienkurse bereits während- dessen kräftig zu erholen begannen, will nun kein Anleger einen neuerlichen Anstieg verpassen. Dies hält die Verluste am Aktien- markt in relativ überschaubaren Grenzen. Hinzu kommt, dass alle Unternehmen aus vulnerablen Branchen (z.B. Banken, Immo- bilien, Autozulieferer, etc.) das Negativsze- nario bereits spürbar eingepreist haben. Deshalb dürfte das Upside-Potential in den kommenden zwölf Monaten deutlich größer sein, als ein weiteres Kursrisiko. Banken erhöhen Risikovorsorgen Die Erste Bank meldete für das dritte Quar- tal operativ gute Zahlen. Die Kundenkredite stiegen um 2,6 Prozent auf 164,5 Milliarden Euro, das Zinsergebnis kletterte um 2,0 Pro- zent auf 3,6 Milliarden Euro – verhältnismä- ßig ähnlich lief es bei der Bawag und der Raiffeisen Bank International. Die Achilles- ferse der Ergebnisentwicklungen sind je- doch die Rückstellungen für das steigende Kreditrisiko. Es herrscht noch Unsicherheit über die tatsächlichen Kreditausfälle, wenn die staatlichen Unterstützungen für die Un- ternehmen reduziert werden. Die Erste Bank hat in den ersten drei Quartalen 2020 dafür zusätzliche 870 Millionen Euro zurückgelegt (ca. 0,5 % des Kreditvolumens), die Bawag 179 Millionen Euro bei einem Kreditvolu- men von 31,4 Milliarden Euro (ca. 0,6 %). Die Raiffeisen Bank International weist ein Kundenkreditvolumen von rund 94 Milliar- den Euro auf und stellte heuer bislang xxx Millionen Euro zurück (xx %). Bei allen drei Banken kam es dadurch zu einem Gewinn- rückgang in den ersten drei Quartalen von 41 bis 47 Prozent. Die Dividenden für 2019 wurden und werden heuer allesamt nicht ausbezahlt. Die Geldinstitute behalten sich jedoch vor, dies im kommenden Jahr zumin- destens teilweise nachzuholen. Der nun zweite Lock Down dürfte am Kreditrisiko nicht viel ändern, da fiskalische Kompensa- tionen – bis zu 80 Prozent des Vorjahresum- satzes im November – doch recht großzügig ausfallen. Das unterstützt aber auch die Im- mobilienunternehmen, deren Mieter durch die Umsatzkompensation kaum Mietredukti- onen durchsetzen werden können. Immobilien zum Diskontpreis Die Abschläge bei den Kursen der Immobili- enaktien zum Buchwert sind historisch hoch. Gleichzeitig strotzen die Gesellschaf- ten vor Liquidität. Es kann also kaum von Krisenstimmung gesprochen werden, ob- wohl in Einzelfällen temporäre Mietredukti- Lock Down Light Nach dem ersten Schrecken über den neuerlichen Lock Down dürften die Märkte wieder zur Normalität zurückkehren. Zudem sind vieleWirtschafts- sektoren von der Coronakrise weniger betroffen als befürchtet. MARIO FRANZIN Gut unterstützt. Der ATX schwächelt zwar noch, kommt aber zunehmend zwischen 1.950 und 2.030 Punkten in einen kräftigen Unterstützungsbereich. Dieser sollte als eine Art Airbag dienen. Zentraler Punkt ist je- doch die Entwicklung des Corona-Gesche- hens. Sollte der Lock Down in den Dezem- ber hinein verlängert werden müssen, sind weitere Kursverluste vorprogrammiert. ATX-INDEX . Zweiter Lock Down belastet onen im Gewerbebereich gewährt werden und Hotels z.T. geschlossen sind. Allen vo- ran weist die Immofinanz mit rund 1,2 Milli- arden Euro die höchste Nettocashposition auf. Im Juli holte sie sich via Kapitalerhö- hung 360 Millionen Euro und im Oktober platzierte sie einen Bond zu 500 Millionen Euro. Im Halbjahresbericht zuvor waren be- reits liquide Mittel in der Höhe von 342 Mil- lionen Euro angegeben. Das überschüssige Kapital sollte nun zeitnahe investiert wer- den, um nicht durch Negativzinsen Geld zu verlieren. Im Raum steht noch immer eine Übernahme der S Immo, an der die Immofi- nanz bereits knapp 30 Prozent hält und Im- mofinanz-Großaktionär und Vorstand Ron- ny Pecik weitere knapp 15 Prozent. 70 Pro- zent der S Immo kosten an der Börse derzeit rund 640 Millionen Euro. Der Aktienkurs der S Immo wurde vor allem durch den Betrieb von zwei Hotels (Vienna Marriott und Buda- pest Marriott Hotel) abgestraft, hält aber im übrigen rund 30 Prozent Wohn-, 40 Prozent Büro- und etwa 20 Prozent an Geschäftsim- mobilien. Im Jänner holte sich das von Ernst Vejdovszky hervorragend gemanagte Unter- nehmen knapp 150 Millionen Euro via Kapi- talerhöhung, kaufte im Oktober den Zagreb- Indexpunkte Jän. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sep. Okt. 2.200 2.000 1.800 1.600 2.800 2.600 2.400 3.000 3.200 58 . GELD-MAGAZIN – November 2020

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