GELD-Magazin, Oktober 2020

mit steigenden Mieten in zwei bis drei Jah­ ren zu rechnen ist.“ Somit bieten die rich­ tigen Objekte in Wien nach wie vor Wertstei­ gerungspotenzial: „Die Preise von Anleger- und Vorsorgewohnungen werden auch wei­ terhin in jenen Gegenden steigen, wo es ei­ nen funktionierenden Mietenmarkt gibt und damit auch eine konstante Nachfrage nach Wohnungen. Bei Einfamilienhäusern im ländlichen Bereich ist ebenso ein positiver Effekt durch Corona zu erwarten, da zahl­ reiche Familien nun verstärkt das Eigenheim im Grünen suchen“, so Bauernfeind. Bezüglich Wiener Zinshäuser skizziert Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting GmbH, folgende Situation: „Die Nachfrage nach Wiener Zins­ häusern hat in den letzten Jahren kontinu­ ierlich zugenommen. Der Ausbruch der Co­ rona-Pandemie hat den Nachfrageüberhang noch weiter verstärkt, weswegen hier von einem weiteren Anstieg der Preise auszuge­ hen ist.“ Zinshäuser unterscheiden sich be­ züglich Lage, technischem Zustand und Aus­ baumöglichkeiten. Ihre Renditen liegen meist zwischen einem und 3,5 Prozent. Die Brutto-Anfangsrenditen von Wiener Vorsor­ gewohnungen beziffert Bauernfeind indes­ sen zwischen 2,5 und 3,5 Prozent. Bezogen auf Steiermark, Niederösterreich und Wien rechnet Stefan Koller, Immobili­ eninvestment-Experte und Geschäftsführer der Pericon GmbH in Graz, mit stabilen Wohnimmobilienpreisen und infolge hoher Nachfrage mit weiteren Anstiegen: „Bei den Mieten sehe ich allerdings eine Trendände­ rung auf uns zukommen. Lieber etwas gün­ stiger – das ist jetzt schon aufgrund der vor­ herrschenden Unsicherheit als Tendenz zu erkennen“, so seine kritische Anmerkung. „Wenn Wohnungspreise weiter steigen, Mie­ ten aber stagnieren oder weniger stark stei­ gen, sinkt die Brutto-Mietrendite. Die ist schon in den letzten Jahren vor allem in den Ballungszentren deutlich zurückgegangen. Im Neubau sind noch drei bis vier Prozent p.a. realistisch. Aus Anlegersicht ist aber letztendlich die Nettorendite nach allen Ko­ sten und Steuern relevant. Und da bleibt dann bei Anlegerwohnungen in der Regel nicht mehr viel mehr als 1,5 bis zwei Pro­ zent p.a. übrig“, warnt Koller. „Der Preis­ anstieg der letzten Jahre stimmt zwar be­ denklich, ist allerdings auch in vielen Fak­ toren nachvollziehbar. Grund und Boden er­ fahren in den Städten eine Verknappung und die Qualität im Wohnbau ist auch deut­ lich gestiegen. In Wien sind so manche La­ gen vergleichsweise schon sehr überteuert, aber tendenziell bewegt sich unser Markt kontrolliert und stetig nach oben. Vergleicht man Österreich mit anderen Ländern relati­ viert sich diese Sorge“, erklärt Koller, der in Top-Lagen und Lagen mit Entwicklungs­ potenzial noch Chancen sieht: „In Graz sind es beispielsweise die Lagen im Zentrum und am Grüngürtel und im Süden der Stadt.“ Anlegerwohnung vs. Bauherren­ modell Wer wegen höherer Handlungsflexibilität, wie zukünftiger Eigenbewohnung oder zwi­ schenzeitlichem Verkauf, die klassische An­ legerwohnung bevorzugt, sollte sich laut Koller mit einem guten Mittelmaß an Aus­ stattung, Qualität und Lage an die größte „Das Bauherrenmodell bietet Investoren neben teils erheb­ lichen Steuervorteilen vor allem stabile Mieterträge und schafft gleichzeitig leistbares Wohnen für Mieter.“ Stefan Koller, PERICON GmbH, Graz „In einer längerfristigen Analyse der letzten fünf bis sieben Jahre weicht die Preisentwicklung bei Wohnimmobilien kontinuierlich von der Entwicklung der im Fundamentalpreis­ indikator enthaltenen Faktoren ab.“ Karin Wagner, Senior Expert, Volkswirtschaftl. Abt. OeNB OeNB-Fundamentalpreis­ indikator Die OeNB veröffentlicht für Gesamt- österreich und Wien einen Fundamen- talpreisindikator bestehend aus den Teilindikatoren Reale Immobilien- preise, Leistbarkeit, Immobilienpreise zu Mieten, Immobilienpreise zu Baukosten, Kredittragfähigkeit, Wohnbauinvestitionen zu BIP und Zinsrisiko. Den aktuellen Stand kommentiert Wagner: „Der Funda- mentalpreisindikator der OeNB für Wohnimmobilien weist darauf hin, dass Immobilienpreise v.a. in Wien, in geringerem Maß auch in anderen Teilen Österreichs, aktuell über jenem Niveau liegen, das sich aufgrund historischer Wirkungszusammenhän- ge erklären lässt. Er deutet für Wien für das zweite Quartal 2020 auf eine Abweichung der Preise von den Fundamentalfaktoren um 22 Prozent hin. Damit blieb der Wert gegenüber dem Vorquartal konstant. Für Österrei- ch ist ein Anstieg um vier Prozent- punkte auf 17 Prozent zu verzeichnen. In einer längerfristigen Analyse der letzten fünf bis sieben Jahre weicht die Preisentwicklung bei Wohnimmobilien kontinuierlich von der Entwicklung der im Fundamentalpreisindikator enthaltenen Faktoren ab.“ Achtung: Die Konzeption dieses Indikators lässt keine Vorhersage zukünftiger Immo- preise zu. Oktober 2020 – GELD-MAGAZIN . 71

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