GELD-Magazin, Juli/August 2020

R egierungen und Zentralbanken ha- ben in der Coronakrise schnell und umfassend reagiert, um die durch die Lock Downs verursachten Abstürze der wirtschaftlichen Aktivitäten zu kompensie- ren. Dadurch soll eine schnelle konjunktu- relle Erholung ermöglicht werden. Zuletzt drängte die EZB-Chefin Christine Lagarde auf eine schnelle Einigung beim europä- ischen Konjunkturprogramm, denn nach ih- rer Einschätzung wird die Wirtschaft in der Eurozone heuer um 8,7 Prozent schrump- fen. Ein Stakkato an billionenschweren Zen- tralbank-Maßnahmen und fiskalischen Hilfspaketen folgte beinahe im Tagesrhyth- mus. Billionen an Liquidität wird über Anlei- henkäufe der Zentralbanken in die Märkte gepumpt, um diese zu stabilisieren und ei- nen Anstieg der Zinsen zu verhindern. So blähte sich die EZB-Bilanz alleine heuer bis Ende Mai von 4,7 weiter auf 5,6 Billionen Euro auf, jene der Fed explodierte förmlich innerhalb von 12 Monaten um 80 Prozent auf knapp sieben Billionen Dollar. Die staat- lichen Fiskalpakete wiederum teilen sich auf der einen Seite in Garantien, Kredite und Stundungen, die jedoch wieder die privaten Schulden erhöhen, und in monetäre Leistun- gen, wie Kurzarbeitsgeld, Hilfsfonds etc. bis hin zum Helikoptergeld, was die Staatsver- schuldungen in die Höhe treibt. Fiskalpakete treiben die Staatsver- schuldungen über 100 Prozent Während Österreich und Deutschland un- term Strich mit einem Anstieg der Staatsver- schuldung bis 2023 auf rund 85 bzw. 75 Prozent noch relativ glimpflich durch die Krise kommen werden, sieht es bei unseren Nachbarn wesentlich schlechter aus: In Frankreich und Spanien wird ein Anstieg der Staatsschulden auf rund 115 Prozent er- wartet und in Italien auf etwa 155 Prozent. Besonders leiden zudem all jene Länder, de- ren Wirtschaft stark vom Tourismus abhän- gig sind. Die rote Karte erhält hier wieder einmal Griechenland, das normalerweise knapp 20 Prozent des BIP aus dem Geschäft mit Feriengästen erzielt und die heurige Sommersaison praktisch abschreiben kann. Hier dürften die Staasschulden bis Jahresen- de auf rund 190 Prozent des BIP einen wei- teren traurigen Negativrekord verzeichnen. Bei der Arbeitslosenrate wird bei den Hel- lenen 2021 zudem ein Anstieg auf rund 20 Prozent erwartet. In der Eurozone gesamt werden die durch- schnittlichen Staatsschulden im kommen- den Jahr über die 100 Prozent-Marke klet- tern, und damit die 92 Prozent aus dem Jahr 2014, mit der die Finanzkrise verarbeitet wurde, deutlich übersteigen. Damit ist Euro- BRENNPUNKT . Staatsschulden Enteignung auf Raten Die Coronakrise führte zu einem massiven Rückgang der Wirtschaftsleistung. Zentralbanken und Staaten versuchen, diese Lücke zu füllen. Doch das kostet Geld, das eigentlich nicht vorhanden ist. Die Schulden wachsen wieder weiter. MARIO FRANZIN Die billionenschweren Hilfspakete waren und sind notwendig, um die Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen. Doch nur wenige machen sich Gedanken über die Rückzahlung der wachsenden Schuldenberge. Credit: Archiv, Adobe Stock mekcar 8 . GELD-Magazin – Juli/August 2020

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