GELD-Magazin, Juli/August 2020

D er Virus hat auch am heimischen Arbeitsmarkt unbarmherzig ge- wütet: In der heißen Phase des Lock Downs kamen pro Tag im Durchschnitt ungefähr 12.000 arbeitslos gemeldete Per- sonen hinzu. Wie das AMS bekanntgab, standen Ende März 562.522 Menschen ohne Job da, und damit um satte 52 Prozent mehr als vor einem Jahr. Im April wurde mit über 588.000 Betroffenen der höchste Wert in der Geschichte der Zweiten Republik ge- messen. Kurzarbeit als Dämpfer Heute ist die Situation somit um einiges dramatischer als während der Finanzkrise 2008/2009, auch wenn die Arbeitslosen- zahl im Juni auf 470.376 sank. Die „corona- bedingte“ Arbeitslosigkeit wird dabei auf 157.000 Personen geschätzt. Laut Bundes- ministerium für Arbeit waren im Juni fast 813.000 Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Das Momentum Institut erwartet, dass gegen Ende der dreimonatigen Verlängerung (Ende August) noch über 600.000 Personen in Kurzarbeit sein werden. Laut Oliver Picek, Senior Economist und Arbeitsmarkt- experte des Instituts, könnten rund ein Vier- tel davon nicht mehr ins „normale Arbeits- verhältnis“ zurückkehren sondern zur Gän- ze ihren Job verlieren. Wobei die Regierung mit 15. August ein neues Modell präsentie- ren muss, wie es dann mit der Kurzarbeit weitergeht. Wenn auch nur ein Bruchteil der Kurzarbeiternehmer nicht mehr in der neuen (strengeren) Variante für die zweite Verlängerung in Frage kommt, dürften uns noch zehntausende Arbeitslose mehr dro- hen. Unterm Strich sind wir also mit stei- genden Arbeitslosenzahlen konfrontiert: Ein volkswirtschaftlicher Drahtseilakt, aber vor allem ein existenzbedrohendes Problem für die Betroffenen. Nagen am Hungertuch So werden vermehrt Stimmen laut, dass die Arbeitslosenunterstützung aber auch die Notstandshilfe und die Mindestsicherung in Österreich gerade einmal zum Überleben reichen. Wenn überhaupt. Zur Erinnerung: Ohne Familienleistungen liegt das Arbeits- losengeld in Österreich bei 55 Prozent des vorherigen Nettobezugs. Anders ausge- drückt: Das Arbeitslosengeld beträgt durch- schnittlich 998 Euro, die Notstandshilfe bei 821 Euro monatlich, beides wird zwölfmal jährlich ausbezahlt. Dazu ein Rechenbei- spiel: Wer 1542 Euro brutto (14-mal im Jahr) verdient, bekommt 864 Arbeitslosen- geld bzw. 821 Euro Notstandshilfe, aber eben jeweils nur zwölfmal im Jahr. Ver- schärfend kommt hinzu, dass gerade jene Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen sind, die ohnedies nur über ein geringes WIRTSCHAFT . Arbeitsmarkt Das Geld wird knapp Corona hat gewütet und für massive Jobverluste gesorgt. Das stellt nicht zuletzt das System der österreichischen Arbeitslosenversicherung auf den Prüfstand. Mit der gegenwärtigen Unterstützung findet man kein Auslangen, so die Kritik. Jobsuchende pro offener Stelle: Rasanter Anstieg Die Zahl der Arbeitslosen je offener Stelle hat sich durch die Corona-Krise beinahe verdoppelt. Aktuell müssen neun Jobsuchende um einen freien Arbeitsplatz „raufen“. Quelle: AMS 0 2 4 6 8 05/2019 4,2 10 12 06/2019 3,8 07/2019 3,9 08/2019 4,0 09/2019 4,1 10/2019 4,6 11/2019 5,1 12/2019 6,2 01/2020 5,9 02/2020 5,3 03/2020 9,3 04/2020 10,6 05/2020 9,0 Arbeitslose pro offener Stelle Wir schlagen eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes von 55 auf 70 Prozent des Nettoeinkommens vor. Oliver Picek, Arbeitsmarktexperte, Momentum Institut Credit: beigestellt 24 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2020

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