GELD-Magazin, April 2020

Entwicklung der Rohölpreise 1970 - 2020 Der sehr langfristige Chart des Ölpreises beweist, dass politische und ökonomische Krisen einen starken Einfluss auf die Preisbildung ausüben. Gegenwärtig ist man aber gleich mit mehreren massiven Krisenherden konfrontiert: Hier ist natürlich der massive Corona-Schock zu nennen, aber auch der Kampf innerhalb der OPEC plus ließ die Preise ins Bodenlose fallen. Aktien für Wagemutige Breite Diversifikation mittels Fonds ist für die meisten Anleger der Königs- weg, vor allem in Zeiten gebeutelter Börsen. Aber wer den Nervenkitzel mag und an eine langfristige Erho- lung beim Erdöl glaubt, kann auch auf entsprechende Aktien ein Auge wer- fen. James Sparrow, Analyst bei BNP Paribas, bevorzugt aktuell Repsol und Total gegenüber ENI und Shell. Repsol befinde sich in einer völlig anderen Position als beim vorherigen Ab- schwung von Rohstoffen, da Talisman Energy integriert und Risiko innerhalb der Bilanz abgebaut wurde. Repsol verfügt laut Sparrow auch über die überzeugendste ESG-Geschichte in der Branche, mit dem Ziel bis 2050 kli- maneutral zu sein. „Total hat wiederum nach dem letzten Abschwung eine Phase antizyklischer Fusionen und Übernahmen durchlaufen und präsen- tiert ein gut diversifiziertes Vermö- gensportfolio“, lobt der BNP-Analyst. erzielen. Der Markt war aufgrund des durch die Coronavirus-Krise verursachten Nach- frageschocks überversorgt. Darüberhinaus haben die Protagonisten beschlossen, die im Dezember festgelegte derzeitige Reduzie- rung von 2,1 Millionen Barel pro Tag aufzu- heben.“ Das führte dazu, dass Saudi-Ara- bien einen Marktanteilskrieg auslöste. Das Vereinigte Königreich kündigte daraufhin an, seine Produktion zu steigern. Russland zog nach. Louvet: „Somit haben Saudi Ara- bien und Russland einen perfekten Sturm kreiert, der den Ölpreis unter die Marke von 30 Dollar drückte.“ Kurzfristig: Finger weg! Diese Entwicklungen und darüberhinaus der starke Trend hin zu erneuerbaren Ener- gien machen „Öl-Bullen“ somit das Leben schwer. Wie wird es mit dem Ölpreis weiter- gehen? Dazu Tretter: „Die Richtung hängt in erster Linie von der Zeitspanne ab, in der ein Investor den Ölpreis betrachtet. Derzeit haben wir sicherlich ein Umfeld, das aktuell einen niedrigen Ölpreis rechtfertigt und wir sehen wenig kurzfristiges Potential für eine deutliche Erholung. Unser Fazit ist daher, dass wir kurzfristig den Ölsektor meiden, langfristig allerdings erhebliches Potential sehen, sobald die Branche bereinigt ist.“ Denn Öl wird laut dem Spezialisten als Wirtschaftsfaktor und Anlageobjekt noch sehr lange Bestand haben: „Der Klimawan- del spielt zwar eine wichtige Rolle, aller- dings ist die einzig ernsthafte Alternative zu Erdöl und Erdgas zum aktuellen Zeitpunkt die Kernkraft. Erneuerbare Energie ist zwar die Zukunft, allerdings wird es noch viele Jahrzehnte dauern, bevor ein wirklicher Umstieg weg von fossilen Energieträgern hin zu regenerativen Quellen möglich sein wird.“ Breiter streuen Roe von LGIM fügt abschließend hinzu: „Das Öl-Risiko ist nur ein Faktor, der bei der Erstellung eines breit gefächerten Portfolios berücksichtigt werden muss. Privatanleger sind im Allgemeinen besser dran, sich auf die Diversifizierung durch geeignete Multi- Asset-Fonds zu fokusieren, als zu versu- chen, Öl-Risiken selbst durch konzentrierte Positionen anzugehen.“ Quelle: Tecson Wir erwarten ein massives Sterben der US-Schieferölfirmen und einen deutlichen Rückgang der Produktion. Tobias Tretter, geschäftsführender Gesellschafter Commodity Capital 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 April 2020 – GELD-MAGAZIN . 55

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