GELD-Magazin, April 2020

D ie Europäische Zentralbank und ihre weltweiten Pendants sehen sich derzeit mit einer ökonomi­ schen Bedrohung ungekannten Ausmaßes konfrontiert. Die rasante Ausbreitung des Covid-19-Virus führte in nur wenigen Wo­ chen zum Zusammenbruch globaler Liefer­ ketten, zu unzähligen bankrottbedrohten Unternehmen und zu Millionen von Arbeits­ losen. Nicht nur das fehlende Regelwerk für ein koordiniertes Vorgehen, sondern auch der durch jahrelange Interventionen stark eingeschränkte Spielraum traditioneller Maßnahmen nährten bisweilen die Zweifel, ob die Währungshüter überhaupt in der Lage sind, eine solche Situation unter Kon­ trolle zu bringen. Das gewohnte „Schrau­ ben“ an ohnehin bereits teils negativen Zin­ sen hilft nämlich wenig, um unter Quarantä­ ne gestellte Arbeiter wieder zurück an die Produktionslinien zu bringen oder den zum Erliegen gekommenen Tourismus anzukur­ BRENNPUNKT . Zentralbanken Von wegen Pulver verschossen Die Warnungen, dass die Zentralbanken für einen Krisenfall jeglichen Handlungs­ spielraum verspielt hätten, sind überholt. Doch womit haben die Währungshüter auf die Krise genau reagiert? Wie effizient ist dies, und was haben sie noch im Repertoire? MORITZ SCHUH Credits: pixabay; CGD/KavehSardari beln. Und doch: Die Währungshüter schaff­ ten es, noch tiefer in die Trickkiste geldpoli­ tischer Instrumente zu greifen. Eine Krise, wie keine andere Obwohl viele Zentralbanken, wie etwa die FED, in einem ersten Schritt ihre Zinsen auf europäische oder japanische Niveaus senk­ ten, erweist sich das für Wirtschaften, die gleichzeitig mit einem Nachfrage- und An­ gebotsschock zu kämpfen haben, bei wei­ tem nicht als ausreichende Medizin. Denn selbst negative Kreditzinsen helfen weder Fabriken, denen es an Material fehlt, noch Konsumenten, die nicht in der Lage sind, Geld auszugeben! 2020 wird daher das Jahr der (unlimi­ tierten) Anleihekäufe, die bereits kräftig über ihren gewohnten Umfang und ihre Zu­ sammensetzung hinaus ausgedehnt wer­ den. Geboren als unkonventionelle Idee in der Finanzkrise 2008, um die langfristigen Zinsen zu drücken, entwickelten sich die als „Quantitative Easing“ (QE) bekannt gewor­ denen Maßnahmen über die Jahre zu einem etablierten Mittel im geldpolitischen Köcher der Zentralbanken. Anders als 2008 stehen dieses Mal jedoch nicht die bereits nied­ rigen Zinsen im Fokus von QE, sondern die Möglichkeit, die traditionelle Rolle der No­ tenbanken als „lender of last resort“ des Finanzsystems auf Regierungen, Unterneh­ men und womöglich sogar auf Haushalte auszudehnen. Es wird krachen, doch wie hart? Die globale Rezession ist praktisch vorpro­ grammiert und auch die größzügigen Zuge­ ständnisse der Zentralbanken werden nicht verhindern können, dass unzählige Unter­ Viel Geld fließt ins System Seit der Finanzkrise 2007/08 wurden die Bilanzen der Zentralbanken deutlich – auf je gut fünf Billionen Dollar – ausgeweitet. in Mrd. USD 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 4.000 3.000 5.000 2.000 1.000 6.000 EZB FED China 12 . GELD-MAGAZIN – April 2020

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