GELD-Magazin, November 2019

Das tut wirklich weh: Österreichische Ban­ ken zahlen im Durchschnitt eine Verzinsung von 0,12 Prozent jährlich bei der Eröffnung neuer Sparbücher. Rechnet man das hoch, würde man rund 600 Jahre benötigen, um das angelegte Kapital zu verdoppeln.Wohl­ gemerkt, ohne Berücksichtigung der Infla­ tion. Anders ausgedrückt: Wer sein Geld auf Sparbüchern, Konten etc. parkt, verliert aufgrund der Teuerungsrate real gesehen an Kaufkraft.Und das Tag für Tag. Es sieht auch nicht so aus, als ob eine Besserung in Sicht sei. Im Gegenteil, immer häufiger geistert das Schreckgespenst von Negativ­ zinsen auch für Reatil-Kunden herum. Aber jammern nützt bekanntlich gar nichts, nun gilt es, sich auf den (unerfreulichen) Status quo einzustellen und das beste aus der Situation zu machen. Klaus Kaldemorgen weiß das schon lange und spricht sich im Interview mit dem GELD-Magazin für ein Umdenken in der Ver­ mögensveranlagung aus, denn „der Druck der negativen Zinsen auf die Anleger steigt“, so der Experte. Einem breiten Investoren­ publikum wurde er als Manager des DWS Vermögensbildungsfonds bekannt. Heute ist er für den milliardenschweren DWS Con­ cept Kaldemorgen verantwortlich. Dass der Fonds seinen Namen trägt, spricht Bände: Klaus Kaldemorgen ist und bleibt das Aus­ hängeschild der DWS und einer der bedeu­ tendsten Finanzexperten der Welt. Das hartnäckige Niedrigzinsumfeld setzt Sparern schon lange zu, gibt es auf ab­ sehbare Zeit Hoffnung auf eine spürbare Verbesserung? KLAUS KALDEMORGEN: Da muss ich Sie leider enttäuschen. Anleger sollten sich kei- nen Illusionen hingeben, dass die bekannte Zinssituation verschwinden wird. Ich möch- te sogar nicht ausschließen, dass sich die Lage weiter verschlechtert. So besteht etwa die Wahrscheinlichkeit, dass in einigen Län- dern der Eurozone Negativzinsen auch auf ein breiteres Anlegeruniversum abgewälzt werden. Vor allem in Deutschland halte ich das für ein durchaus realistisches Szena- rio. Im übertragenen Sinne könnte man von einem „Klimawandel“ und einer „Zinswüste“ auf den Kapitalmärkten sprechen, nur, dass man etwa im Death Valley den tiefsten Punkt kennt, bei den Zinsen jedoch nicht. Welche Konsequenzen hätte es, wenn tatsächlich auch kleinere Sparer Negativ­ zinsen berappen müssten? Zunächst möchte ich vorausschicken, dass wohl nicht alle, also auch die ganz kleinen, Sparer davon betroffen wären. Letztlich ist das eine Frage der politischen Ausgestal- tung. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass etwa für Summen bis zu 100.000 Euro keine negativen Zinsen eingezogen werden. Prinzipiell geraten Anleger aber be- reits jetzt schon aufgrund der Zinssituation unter Druck. Es ist auch schon ein Bera- tungsprozess im Gange, der Sparer darauf vorbereitet, ihr Kapital in Bereiche um- zuschichten, die potenziell eine positive Rendite ermöglichen. In Deutschland liegen immerhin rund 40 Prozent des Geldvermö- gens auf Sparguthaben, hier ist eine neue Orientierung einfach notwendig. Dazu zählt auch, dass Anleger mehr Aktien für ihr Port- folio brauchen. CREDIT: ivanashoots 8 | GELD-MAGAZIN – NOVEMBER 2019 Jammern nützt gar nichts, Sparbücher werden bis auf Weiteres ein Minusgeschäft bleiben, vielleicht verschärft sich die Situation sogar noch. Fondsprofi Klaus Kaldemorgen verrät, wie man angesichts des Niedrigzinsumfeldes dennoch eine anschauliche Rendite erzielen kann. Harald Kolerus Chancen in der Zinswüste: Anleger müssen massiv umdenken Kaldemorgen: „Beim Death Valley kennt man den Tiefpunkt, in der trockenen Zinswüste nicht.“ INTERVIEW | Klaus Kaldemorgen, DWS

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