GELD-Magazin, November 2019

E ine glaubwürdige Sorge um den Klimawandel gehört heute zur Geschäftsstrategie eines jeden modernen Unternehmens. Erst kürzlich drohte Volkswagen seinen 40.000 Liefe- ranten mit dem Ausstieg aus ihren Ver- trägen, falls sie nicht ihre Emissionen re- duzieren. Keine Branche kann sich mitt- lerweile dem Megatrend Nachhaltigkeit entziehen – das gilt insbesondere auch für Vorsorgekassen und Versicherer. In Österreich lag laut FMA das Fonds- vermögen der Nachhaltigkeitsfonds nach dem österreichischen Umweltzeichen 49 (UZ49) zum Ende des ersten Halb- jahres 2019 bei 8,07 Milliarden Euro, was einen Anstieg von 39,5 Prozent ge- genüber dem Beginn des Jahres darstell- te. Die Anzahl der Nachhaltigkeitsfonds, die ihre Anlagepolitik nach ökologischen und ethisch-sozialen Kriterien (ESG) im Sinne des UZ49 ausrichten, stieg dabei im ersten Halbjahr von 57 auf 68. Der gesellschaftliche Druck zeigt sich dabei auch in einer Umfrage der APK Vorsor- gekasse, die zeigt, dass die Nachhaltig- keit in der Veranlagung für die Kunden mittlerweile einen ähnlich hohen Stellen- wert einnimmt wie die Veranlagungsper- formance. „Auch im frühen Stadium un- serer Umfrage lässt sich bereits ein kla- rer Trend in Richtung Nachhaltigkeit er- kennen“, erklärt Thomas Keplinger von der APK Vorsorgekasse. „NACHHALTIGE ATOMENERGIE“ Auch wenn es noch keine generelle Verpflichtung zur Zertifizierung gibt, tra- gen neben dem gesellschaftlichen Wan- del auch die Aktivitäten der EU zur Dyna­ mik im Bereich „Grüne Investments“ bei. Ein Hemmnis, das ein noch schnelleres Wachstum nachhaltiger Veranlagungen verhindert, liegt in der Unklarheit über den Begriff „Nachhaltigkeit“, der ein we- nig an der Glaubwürdigkeit „Grüner Ver- anlagungen“ nagt. Im März 2018 ver­ öffentlichte die Europäische Kommis­ sion einen Aktionsplan für ein nachhal- tiges Finanzsystem. Erstes Ziel ist dabei, eine einheitliche Taxonomie für „Nach- haltige Finanzierung“ zu finden. Jedoch wird auch hier offensichtlich, dass nach- haltiges Investieren in vielen Ländern der EU unterschiedliche Aspekte stärker oder schwächer betont bzw. gewisse Fragestel- lungen sogar diametral gesehen werden. Das augenscheinlichste Beispiel dazu ist die Haltung zur zivilen Verwendung von Atomkraft. Während sich Frankreich für Aufnahme von Atomenergie in der Liste einsetzt, sind Länder wie Österreich oder Deutschland strikt dagegen. FINANZINDUSTRIE IMWANDEL Auch für Berater, Verbraucher und Fondsmanager ändert sich einiges. So müssen Fondsmanager künftig bei der Auswahl ihrer Investments prüfen und dokumentieren, welches Risiko aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unter- nehmensführung bei dessen Eintreten potenziell negative Auswirkungen auf den Wert der Investition haben könnte. Eine verpflichtende Abfrage der Kun- den nach ihren Nachhaltigkeitspräfe- renz in der Anlageberatung soll einge- führt werden. Geplant ist außerdem ein Verbraucher-Label für nachhaltige Fi- nanzprodukte. All diese Maßnahmen werden dazu führen, dass sich der Trend zu nachhaltigem Wirtschaften weiter ver- stärkt, ist man sich in der Branche ei- nig. „Kapitalmarktakteure, die bisher für nachhaltige Kapitalanlagen nicht zu ge- winnen waren, werden angehalten, sich mit diesem Thema auseinanderzuset- CREDIT: nirutft/stock.adobe.com VERSICHERUNG | Nachhaltigkeit 76 | GELD-MAGAZIN – November 2019 „Grün“ macht sich gegenwärtig nicht nur in den Parlamenten Europas breit. Österreichs Vorsorgekassen haben sich schon längst dem „Grünen Gewissen“ verschrieben und veranlagen die Kundengelder nach strengen Nachhaltigkeitskriterien. Die Versicherungen ziehen bereits nach. Christian Sec Vorsorge wird immer grüner DIE ZIELE UND KURZFRISTIG ANSTEHENDE LEGISLATIV­ MASSNAHMEN DES EU-AKTIONSPLANS » » Der EU-Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ soll drei EU-Ziele unterstützen: • Lenkung der Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen • Einbettung von Nachhaltigkeit in das Risikomanagement • Förderung von Transparenz und Langfristigkeit » » Vier Maßnahmenpakete sind in Konsultationen oder bereits im Gesetzgebungs­ verfahren • Taxonomie zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen • Einheitliche Referenzwerte für CO 2 -Benchmarks • Integration von Nachhaltigkeit in die Anlageberatung • Offenlegungspflichten für Asset Owner und Asset Manager Quelle:ÖGUT

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