GELD-Magazin, Juli/August 2019

V or allem in Wien zeigt sich, dass die Eigentumspreise seit einiger Zeit schneller ansteigen als die Mieterträge – die Renditen für Vorsorge­ wohnungen purzeln dementsprechend. Die WKO hat bei den Nettomieten in Wien gar einen Rückgang von 2,5 Prozent fest­ gestellt. Grund dafür ist die hohe Bau­ tätigkeit in den vergangenen Jahren und das damit hohe Angebot im freifinan­ zierten, nicht preisgeregelten Segment. Nicht gesunken sind hingegen die Preise für Wohnungseigentum. Bei ge­ brauchten Eigentumswohnungen war ein Preisanstieg von 3,9 Prozent zu ver­ zeichnen. Der Kaufpreis pro Quadrat­ meter von Vorsorgewohnungen ist, laut einem aktuellen EHL-Marktbericht, zwi­ schen 2015 und 2018 um durchschnitt­ lich 2,8 Prozent jährlich gestiegen. Die Steigerung begründet EHL mit höheren Baukosten und einer Verknappung der vorhandenen Baugründe durch die er­ höhte Bautätigkeit der letzten Jahre. Die Conclusio daraus: Die Nettorenditen sin­ ken. Lagen diese noch vor wenigen Jah­ ren bei rund fünf Prozent, so müssen sich die Käufer von Vorsorgewohnungen derzeit mit rund drei Prozent begnügen. Ein erster Blick auf die Statistik lässt ein Nachlassen des Interesses an Vorsor­ gewohnungen vermuten: Laut dem EHL- Marktbericht wurden im vergangenen Jahr in Wien um 29 Prozent weniger Vorsorgewohnungen – nach dem klas­ sischen Modell mit Steuerbegünstigung – verkauft als im Rekordjahr 2017: Von 950 verkauften Wohneinheiten fiel die Anzahl verkaufter Vorsorgewohnungen 2018 auf 677. Der zweite Blick auf die Zahlen fällt bereits etwas differenzierter aus. Denn die Anzahl der verkauften Wohnungen lag 2018 noch immer höher als 2016 (555) und 2015 (515). Verzicht auf Steuervorteile EHL sieht aufgrund der aktuellen Zahlen am Markt für private Immobi­ lieninvestments eine bemerkenswerte Trendwende. So sei die Nachfrage nach Wohnungen zu Anlagezwecken ungebro­ chen hoch, allerdings werden immer we­ niger Wohnungen nach dem klassischen Vorsorgewohnungsmodell gekauft. Statt­ dessen kaufen Privatanleger immer öfter zum Eigennutzenpreis und verzichten damit auf den Umsatzsteuervorteil beim Ankauf, obwohl sie dennoch die Woh­ nung vermieten. Damit scheinen diese nicht als Vorsorgewohnungen in der Sta­ tistik auf. Grund für diese Entwicklung ist vor allem der stark gestiegene – meist umsatzsteuerfreie – Grundkostenanteil an den Gesamtkosten, der dazu führt, dass die abzugsfähige Vorsteuer an Be­ deutung verliert. „Oft nur mehr sechs oder acht Prozent Ersparnis beim Kauf rechtfertigen für viele Anleger die mit dem Vorsteuerabzug verbundenen Auflagen, wie die dauernden Aufzeichnungspflich­ ten und vor allem Einschränkungen bei der Eigennutzung, nicht mehr“, erklärt Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin bei EHL Wohnen. Kein Grund zur Panik Aber auch wenn die Megarenditen der vergangenen Jahre Schnee von ges­ tern sind, herrscht am Vorsorgewoh­ nungsmarkt keine Panik unter den An­ bietern. „Im Vergleich zu anderen kon­ servativen Anlageformen ist die Rendite noch immer gut“, meint Erhard Rotten­ steiner, Geschäftsführer beim Vorsorge­ wohnungsspezialisten Raab & Raab. „Hinzu kommt ja auch noch die Wertstei­ gerung, die allerdings nur bei einem Ver­ kauf realisiert wird“, so der Experte. Da­ her wäre für Rottensteiner auch ein wei­ teres Sinken der Rendite, was ein durch­ aus wahrscheinliches Szenario darstellt, verkraftbar. „Auf immer weniger verfüg­ barem und teurem Bauland bzw. Grund­ stücken soll mit immer höheren Bau­ kosten attraktiver Wohnraum geschaffen werden. Das ist ein ungesunder Nährbo­ den und Preistreiber für Eigentum. Auf der anderen Seite ist die Entwicklung der Mietpreise schwer einschätzbar“, erklärt Martin Müller, Geschäftsführer der JP Immobilien, das mögliche weitere Aus­ einanderdriften von Eigentums- und Mietpreisen. Trotz allem wird kein nach­ lassendes Interesse am Vorsorgewoh­ nungsmarkt registriert: „Die Nachfrage nach Vorsorgewohnungen ist nach wie vor sehr gut und die Investition in eine Wohnimmobilie wird als sicheres Invest­ ment gesehen“, so Bauernfeind. Dement­ sprechend prognostiziert EHL für 2019 wieder einen Anstieg bei der Anzahl ver­ kaufter Vorsorgewohnungen gegenüber 2018 auf etwa 740 Einheiten (+9,5 Pro­ IMMOBILIEN | Vorsorgewohnungen Trotz steigender Wohnungspreise und stagnierender Mieterträge können auch fallende Renditen den Himmel für Vorsorgewohnungen nicht trüben. Im Vergleich zu anderen konservativen Anlageformen bleibt der Immo­ bilienkauf für die Pensionsvorsorge weiterhin attraktiv. Christian Sec Es wird munter weitergekauft creditS: Bild Bauernfeind: OVI/Simon Rainsborough, 74 | GELD-MAGAZIN – JULI/AUGUST 2019 „ Auf immer teurerem Bauland soll mit immer höheren Baukosten attrak- tiver Wohnraum geschaf- fen werden. “ Martin Müller, JP Immobilien

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