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1. Juni 2022

Wachstum weiter stärken

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

Österreichs Wirtschaft könnte noch besser laufen, Wachstum und Produktivität soll durch ein neu gegründetes Gremium gesteigert werden.  Sein Vorsitzender, Christoph Badelt, erklärt wie das gelingen soll.

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Univ.-Prof. Dr. Christoph Badelt, Vorsitzender des Produktivitätsrates

Mehr Wachstum für die heimische Volkswirtschaft und gesteigerter Wohlstand für die Bevölkerung. Diese Ziele verfolgt der neugegründete Produktivitätsrat. Wie diese Instanz funktionieren soll, erklärt der bekannte Ökonom Christoph Badelt im Gespräch mit dem GELD-Magazin.

Der gelernte Österreicher wird sich vielleicht fragen, warum wir neben einem Fiskalrat jetzt auch noch einen Produktivitätsrat brauchen.

Diesen Einwand habe ich bereits öfters gehört, es ist aber so: Beim Produktivitätsrat handelt es sich nicht um irgendein Gremium, das von irgendeinem Politiker nach Belieben ins Leben gerufen worden ist. Vielmehr wurde der Produktivitätsrat auf Basis eines eigenen Gesetzes und einer Empfehlung des EU-Rats gegründet. Die meisten Länder verfügen bereits über so eine Instanz.

Welche Aufgaben verfolgt der Produktivitätsrat konkret?

Es erfolgt eine Diagnose sowie Analyse der langfristigen Antriebsfaktoren und Voraussetzungen für Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, einschließlich Innovation. Untersucht wird auch die Fähigkeit der heimischen Volkswirtschaft, Investitionen, Unternehmen und Humankapital anzuziehen. Wichtig sind weiters Faktoren, die Auswirkungen auf Preise und Qualität von Waren sowie Dienstleistungen haben. Es erfolgt eine Bewertung politischer Herausforderungen und Optionen, mit Hinweis auf Zielkonflikte zwischen verschiedenen Bereichen. Hierbei handelt es sich nicht um akademische Spitzfindigkeiten, sondern es sollen konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet werden.

Was ist derzeit die größte Herausforderung für die Wirtschaft?

Die größte Herausforderung ist die immense vorherrschende Unsicherheit. Natürlich steht hier zu Beginn die Geopolitik, also der unabsehbare Ukraine-Krieg, aber auch die Pandemie. Von diesen Entwicklungen ist alles andere abhängig, also die Inflation, die Energiesituation und letztlich die gesamtwirtschaftliche Lage.

Stichwort Inflation: Es gibt verschiedene Vorschläge die Teuerung abzugelten. Was halten Sie zum Beispiel von einer Senkung der Mehrwertsteuer?

Davon möchte ich abraten und die diskutierte Reduktion der Mehrwerts- oder Mineralölsteuer sogar als politische Agitation bezeichnen. Das würde ein Wahnsinnsgeld kosten und wäre darüber hinaus gar nicht treffsicher. Außerdem weiß niemand, ob so eine Senkung überhaupt an die Konsumenten weitergegeben werden würde. Auch könnte es passieren, dass Preise nach einer Senkung nach wenigen Wochen wieder hinaufgesetzt werden. 

Wie sollte man alternativ dazu der Bevölkerung unter die Arme greifen?

Es ist richtig, dass der Staat durch die Inflation viel Geld in die Kasse bekommt. Das sollte an die Bevölkerung zurückgegeben werden, wobei aber gezielt jene Gruppen unterstützt werden müssen, die sich am Rande der finanziellen Existenz bewegen. Das erfolgt am besten über Transferleistungen, wir wissen bei Arbeitslosen und Beziehern von Mindestsicherung ja sehr gut, wer Hilfe benötigt. Bei den Erwerbseinkommen ist das nicht so einfach, auch hier könnte der Fiskalrat mehr Licht in die Materie bringen. Abschließend wichtig: Es könnte zu einer noch schwereren Krise kommen, das lässt sich aber aufgrund des unabwägbaren Ukraine-Kriegs nicht abschätzen. Deshalb ist es gar nicht schlecht, wenn der Staat jetzt gewisse finanzielle Reserven hat.

Zur Person: Prof. Dr. Christoph Badelt (geboren am 26. Februar 1951 in Wien) zählt zu den renommiertesten österreichischen Ökonomen. 1984 erfolgte   seine Habilitation an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Bis zu seiner Ernennung zum Rektor der WU im Jahr 2002 war er dort in mehreren leitenden Positionen tätig.  2015 beendete er seine Tätigkeit als Rektor. Von September 2016 bis Ende September 2021 war Badelt neben seiner Funktion als Professor an der WU auch Leiter des WIFO. Seit Mitte Mai 2021 ist er Präsident des Fiskalrates, seit Anfang April 2022 Vorsitzender des Produktivitätsrates.

www.produktivitaetsrat.at

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Mag. Harald Kolerus GELD-Magazin / Redakteur

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