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6. September 2021

Sind nachhaltig investierende ETFs für alle Anleger geeignet?

GlowDetlef Lipper-scaled
Detlef Glow Head of Lipper EMEA Research, Refinitiv, LSEG

Investoren setzen passive Anlageprodukte wie Indexfonds und ETFs immer stärker in ihren Portfolios ein. Ein neuer Trend am Markt sind nachhaltige ETFs. Doch können sie den Ansprüchen gerecht werden?

Sowohl ETFs im Allgemeinen wie auch der Trend zu Kriterien hinsichtlich eines positiven Umgangs mit der Umwelt, sozialen Fragestellungen und einer gu­ten Unternehmensführung (ESG) sind im Fonds­markt angekommen. Doch was passiert, wenn man diese beiden Trends in einem Produkt vereint?

Nachhaltige ETFs gibt es bereits seit 2006

Die ersten ETFs, die einem Index mit nachhaltigen Auswahlkriterien folgen, wurden bereits im Jahr 2006 aufgelegt – obwohl das Thema Nachhaltigkeit damals noch nicht im Fokus der Anleger stand. Da­her ist es auch nicht verwunderlich, dass die Anbie­ter bei der Auflage von neuen Produkten in diesem Bereich zurückhaltend waren. Dennoch stieg mit einzelnen neuen Produkten langsam auch die in nachhaltigen ETFs verwalteten Vermögen. Das führte dazu, dass wir seit dem ersten Quartal 2015 einen Schub bei den Neuauflagen verzeichnen und die Anbieter mit den neuen Produkten nicht nur ver­schiedene Märkte und Anlageklassen investierbar ge­macht haben, sondern den Investoren nun eine brei­te Auswahl an unterschiedlichen Nachhaltigkeits­strategien anbieten, die sich insbesondere bei den Kriterien für die Titelauswahl und Portfoliokonstruk­tion unterscheiden. Durch diese neuen Produkte ist das Segment der nachhaltigen ETFs zwar deutlich at­traktiver geworden, allerdings haben die Mittelzu­flüsse im Jahr 2020 gezeigt, dass die Investoren im Bereich der nachhaltig verwalteten Produkte noch immer aktiv gemanagte Fonds bevorzugen.

Mangelnde Kommunikation

Warum sich passive Produkte im Bereich der nach­haltigen Investments bisher nicht durchsetzen konn­ten, hat verschiedene Gründe. Einer der Hauptgrün­de ist, dass die Anbieter ihre nachhaltigen Anlage­produkte und die dahinterliegenden Auswahlkrite­rien nicht oder nur eingeschränkt in ihrem Marke­tingfokus hatten, wodurch es im Bereich der Privatinvestoren und der Fondsselektoren noch Wissenslü­cken hinsichtlich der Investitionsmöglichkeiten im Bereich der nachhaltigen ETFs gibt. Hierzu passt auch, dass viele Investoren glauben, dass die Anbie­ter von passiven Produkten nicht auf den Jahres­hauptversammlungen abstimmen oder versuchen, über Gespräche und Investorentreffen, Einfluss auf das Firmenmanagement in Bezug auf die Nachhaltig­keit ihres Unternehmens zu nehmen – was diese aber durchaus machen!

ETFs passen oft nicht exakt in die Strategie

Ein weiterer Punkt für die Zurückhaltung bei den An­legern ist darin zu sehen, dass ETFs in der Vergan­genheit hauptsächlich von institutionellen Investoren genutzt wurden, die ihre Kriterien für Nachhal­tigkeitsstrategien in der Regel selbst definieren und sehr strikt umsetzen. Somit kommen für sie nur An­lageprodukte in Frage, die ihre Kriterien exakt erfül­len, was bei Publikumsfonds und ETFs eher selten der Fall ist. Zudem sind viele institutionelle Portfo­lios immer noch an Standardindizes ausgerichtet. Dadurch scheiden nachhaltige ETFs als Anlagealter­native aus, da diese zum Teil eine erhebliche Abwei­chung zu den Standardmarktindizes aufweisen.

FAZIT

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass nachhaltig ausgerichtete ETFs für alle Arten von Investoren mit einem den jeweiligen Anlageklassen entspre­chendem Risikoprofil geeignet sind. Die meisten Vor­behalte einzelner Investorengruppen könnten aber sicherlich durch eine klare und transparente Kom­munikation der ETF-Anbieter ausgeräumt werden – z.B. was die Vorgehensweise im Bereich der Aus­übung der Aktionärsrechte oder der konkreten Aus­wahlkriterien betrifft. Einzig Investoren, die indivi­duelle oder spezielle Anforderungen integrieren wol­len, könnten trotz der großen Produktvielfalt Schwierigkeiten haben, einen ETF zu finden, der ih­ren Anforderungen genügt.

Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Refinitv.

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Detlef Glow Head of Lipper EMEA Research, Refinitiv, LSEG

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