Kommt das Gas-Embargo?
Das GELD-Magazin sprach zu diesem brennenden Thema mit Franz Prettenthaler, Director Joanneum Research – LIFE. Wobei LIFE als eines der führenden Forschungsinstitute für zentrale Fragen rund um den Klimawandel und Klimarisiken gilt.
Laut dem Experten nimmt es Europa mit dem Gas- und Erdölembargo gegenüber Russland sehr ernst: „Natürlich spielt das auch dem Thema De-Karbonisierung in die Hände. Diese wird durch die Ukraine-Krise beschleunigt in Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft voranschreiten. Der Total-Ausstieg aus russischem Gas ist somit wahrscheinlich, wird aber nicht abrupt vonstattengehen, vor allem Österreich und Deutschland sind stark auf den Rohstoff abgewiesen.“
Gas bleibt teuer
Aber wann könnte es dann so weit sein? Der Spezialist nennt in diesem Zusammenhang eine Studie der Österreichischen Energie Agentur, die einen Verzicht auf Putins Gas bis 2027 für zu bewerkstelligen hält. Prettenthaler bezeichnet das als „sportliches, aber realistisches Ziel“. Für Österreich bedeutet das eine hohe Diversifizierung des Energie-Mixes sowie Einsparungen beim Verbrauch: „Auch in Sachen Effizienz ist noch viel zu holen, außerdem müssen wir uns auf weiterhin hohe Gaskosten einstellen. Dadurch werden Alternativen wie zum Beispiel Bio-Methan preislich attraktiver.“
Absturz in Rezession
Bis 2027 wäre natürlich noch ein wenig Zeit für den Transformationsprozess vorhanden, was passiert aber, falls Putin plötzlich den Gashahn abdreht? Prettenthaler: „Es ist nicht so, dass dann Österreichs Industrie stehen bleibt, von ihr ausgehend würde aber die Gesamtwirtschaft in eine Rezession fallen. Denken Sie etwa an die zahlreichen Arbeitsplätze, die mit dem Stahlsektor verbunden sind, auch in der Papierindustrie wird viel Gas benötigt.“
Für Embargo rüsten
Jedenfalls hat Österreich Glück, dass es über relativ große Gasspeicher verfügt: „Dadurch könnte die Versorgung, auch der Industrie, bereits jetzt für mehrere Monate aufrechterhalten bleiben. Und jeder Tag, der bis zu einem möglichen Gasembargo vergeht, hilft, weil die Speicher weiter gefüllt werden können.“ In diesem Zusammenhang sieht der Experte den österreichischen Energie-Notfallsplan und weitere gesetzliche Maßnahmen in diesem Bereich positiv: „Der Notfallsplan ist ein erster wichtiger Schritt, was die Bevorratung betrifft, strategische Gas-Reserven machen wie beim Erdöl natürlich Sinn. Österreich sollte seine Stärke der großen Gasspeicher voll ausspielen können.“