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25. Mai 2021

Inflation: Die Geister der Vergangenheit

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Wolfgang Regner Redakteur

Inflationssorgen sind neuerdings in aller Munde. Es ist in Kreisen von Finanzexperten eine Debatte darüber losgebrochen, ob die stärkere Geldentwertung längerfristig anhalten wird, oder sich wieder beruhigt. Dazu ein Interview mit Sonal Desai, CIO Franklin Templeton, Fixed Income.

Sonal Desai, CIO Franklin Templeton, Fixed Income

Könnten die fiskalischen Anreize zu hoch sein?

Sonal Desai: Der frühere US-Finanzminister Larry Summers warnte, dass die von der Biden-Administration geplanten Anreize in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar „Inflationsdruck verursachen werden, wie es ihn seit einer Generation nicht mehr gab, mit Folgen für den Wert des Dollar und die Finanzstabilität“. Nobelpreisträger Paul Krugman dagegen ist ganz anderer Meinung. Einerseits dreht sich die Debatte darum, ob die fiskalischen Anreize im Vergleich zur „Produktionslücke“, die beschreibt, wie weit die Wirtschaftsaktivität von ihrem vollen Potenzial entfernt ist, zu hoch sind. Andererseits geht es darum, wie viel Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch einen zusätzlichen Dollar an fiskalischen Anreizen geschaffen wird. Dies ist der sogenannte „Multiplikator“. Klar ist jedoch: Das Konjunkturpaket über 1,9 Billionen US-Dollar ist mindestens zwei bis drei Mal höher als jede plausible Schätzung der Produktionslücke für jeden plausiblen Multiplikator-Wert. Die geplanten Arbeitslosenleistungen und Steuererleichterungen sind laut Summers fünfmal höher als der Ausfall an Löhnen und Gehältern. Dies ergibt insgesamt einen Gesamtbetrag von kolossalen sechs Billionen US-Dollar binnen zwei Jahren – rund 30 Prozent des US-BIP (bezogen auf das BIP 2020).

Sehen Sie bereits Anzeichen einer anhaltenden Beschleunigung der Inflation?

Sonal Desai: Die meisten Indikatoren deuten auf ein robustes Erholungstempo der US-Wirtschaft hin, viel schneller als nach der globalen Finanzkrise. Die US-Beschäftigung zeigt seit der schockierenden Arbeitsplatzvernichtung im letzten Frühjahr bereits eine kräftige Erholung, und die Löhne und Gehälter haben eine echte V-förmige Erholung hinter sich. Die US-Verbraucher sind dank der Staatshilfen nach wie vor in einer guten finanziellen Verfassung. Das Nettovermögen der Haushalte liegt nahe an Rekordhochs, und das Verhältnis zwischen Schulden und verfügbarem Einkommen liegt wieder in etwa auf dem Niveau von 2000. All dies erklärt, warum die Einzelhandelsumsätze die Vor-COVID-19-Niveaus bereits um mehr als zehn Prozent übertreffen.

Ja, aber werden die Löhne steigen?

Sonal Desai: Die Inflationsskeptiker entgegnen, dass keine nachhaltige Inflation erzeugt wird, es sei denn, die Löhne beschleunigen sich. Die Arbeitslosenquote ist bereits ziemlich schnell gesunken, und die Zahl der offenen Stellen ist so hoch wie 2017. Die verbesserten Arbeitslosenhilfen könnten die Arbeitgeber zwingen, die Löhne zu erhöhen, um Personal zu finden. Summers rechnet vor, dass eine vierköpfige Familie mit einem Bruttoeinkommen von 1.000 Dollar pro Woche in den kommenden sechs Monaten fast 40 Prozent mehr verdienen wird, wenn der Ernährer der Familie arbeitslos ist. Dazu kommt das bisher schnellste Wachstum der Geldmenge – M2 legte seit Februar 2020 um 26 Prozent zu, was die größte geldpolitische Expansion seit 1943 darstellt.

Ist es diesmal anders als nach der letzten großen Finanzkrise, als kaum nachhaltige Inflation entstand?

Sonal Desai: Definitiv ja. Erstens spielt die Geldpolitik dieses Mal hinter der massiven fiskalischen Expansion nur die zweite Geige. Zweitens ist die Wirtschaft bereits auf einen Aufschwung vorbereitet, denn die Impfungen machen eine Wiedereröffnung auf breiter Front wahrscheinlich. Dieses Mal zieht der Arbeitsmarkt bereits wieder an, und die Haushalte sind in einer robusten Finanzlage und können es kaum abwarten, wieder wie gewohnt zu konsumieren. Da die Gesamtnachfrage durch die Fiskal-politik angekurbelt wird, ist die gute alte Verbraucherpreisinflation viel wahrscheinlicher.

Wie sollten Investoren darauf reagieren?

Sonal Desai: Sie sollten die Duration verringern und Renditequellen sorgsam auswählen. Sowohl Hochzins- als auch Schwellenländeranleihen dürften stärker unter Druck geraten, besonders, wenn sich der Anstieg der US-Anleiherenditen umfassender auf das kurze Ende der Kurve ausdehnen sollte. Ein erstes klares Signal von Stress sind die bereits schwächeren Wechselkurse der anfälligeren Schwellenländer.

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Wolfgang Regner Redakteur

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