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23. November 2020

Impfstoff-Durchbruch: Die Euphorie kommt zu früh

Hoffnungen auf den baldigen Einsatz von CoViD19-Impfstoffen haben die Aktienmärkte beflügelt und zu einer starken Sektor-Rotation geführt. Trotz dieser guten Aussichten besteht jedoch kein Anlass zur Euphorie, denn noch ist das Wirtschaftsleben von einer Normalisierung weit entfernt.

Dr. Eduard Baitinger, Head of Asset Allocation in der FERI Gruppe

Die Nachricht, dass möglicherweise noch in diesem Jahr mit Impfungen begonnen werden kann, hat vor allem zyklischen Aktien einen deutlichen Schub verliehen. Trotz dieser guten Aussichten besteht jedoch kein Anlass zur Euphorie, denn noch ist das Wirtschaftsleben von einer Normalisierung weit entfernt. Zum einen steht der zeitnahen Impfstoff-Zulassung eine weiterhin grassierende CoViD-19-Welle gegenüber, die speziell in Europa voraussichtlich noch wochen- oder sogar monatelange Einschränkungen im öffentlichen Leben notwendig macht. Zum anderen wird es trotz Einsatz von Impfstoffen lange dauern, bis das Infektionsgeschehen unter Kontrolle gebracht ist. Dass etwa in Deutschland oder in Europa bereits in der ersten Jahreshälfte 2021 durch Impfungen eine ausreichende Herdenimmunität erreicht werden kann, ist äußerst unwahrscheinlich. Trotzdem dürfte sich das zyklische Investmentszenario durchsetzen und ab Anfang 2021 sogar beschleunigen. Verantwortlich dafür sind die deutliche wirtschaftliche Belebung in China sowie die anhaltenden fiskalischen und monetären Hilfsprogramme vieler Länder. In diesem Umfeld würden die globalen Zinsen ansteigen und damit vor allem hochbewertete Technologieaktien tendenziell belastet. Da dieser Sektor eine sehr hohe Marktkapitalisierung aufweist, droht in einem ausgeprägt zyklischen Szenario selbst bei klarer Konjunkturerholung insgesamt ein fragiler Aktienmarkt. Investoren sollten in dieser Situation sowohl auf der Aktien- als auch auf der Anleihenseite sehr selektiv vorgehen.

Unsicherheitsfaktor Trump

Kurzfristig wird das Investment-Szenario nicht nur von der Corona-Pandemie bestimmt, sondern auch vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahl. Zwar konnte der demokratische Herausforderer Joe Biden die Wahl für sich entscheiden. Dennoch werden die Republikaner aller Voraussicht nach ihre Mehrheit im US-Senat verteidigen und wichtige Vorhaben der Demokraten, wie Steuererhöhungen und mehr Regulierung, blockieren oder zumindest stark verwässern. Die Märkte haben auf diese Konstellation bislang sehr gelassen reagiert. Kurzfristig bestehen jedoch noch erhebliche Risiken. Trumps Strategie, eine geordnete Machtübergabe an Biden mit allen Mitteln zu blockieren, lässt Schlimmes befürchten. Zudem wird der Noch-Präsident in den nächsten Wochen alles dafür tun, um sein politisches Vermächtnis als „Hardliner“ zu festigen. Kurzfristig sind deshalb gezielte Provokationen gegenüber China oder dem Iran nicht auszuschließen. Folglich sollten Anleger, trotz genereller Aufhellung des Anlageumfelds, ihre Portfoliorisiken vorerst eng im Blick behalten.

FERI/mf

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