Ausgabe Nr. 6/2025 – GELD-MAGAZIN . 71 mit frischen Allokationsempfehlungen großer US-Banken signalisierte dies potentielle künftige Kapitalzuflüsse. Der Markt erholte sich zeitgleich in Richtung 90.000 US-Dollar, was zeigt, wie schnell Dynamiken in diesem Markt ihre Richtung ändern können. Neue Investoren, neue Dynamiken Auf der anderen Seite zeigen On-Chain-Daten eine deutliche Veränderung in Bitcoins Eigentümer-Struktur. Die Kohorte, die die jüngsten Verkäufe absorbierte, bestand vor allem aus Adressen mit 100 bis 1.000 BTC – also institutionelle Desks, ETFs und Unternehmensbestände. Dies war das einzige größere Klientel mit konsistentem Nettowachstum während der Korrektur. Retail hingegen reduzierte Bestände oder blieben abwartend, während viele Langzeit-Anleger verkauften. Auch verbesserte Liquiditätsbedingungen veränderten zudem die Marktreaktion auf große Verkäufe. Starker Verkaufsdruck von großen, sehr alten Wallets, der früher dramatische Kapitulationsereignisse auslöste, wurde absorbiert, ohne die typische Panik und allzu großen Liquidationskaskaden früherer Zyklen. Das deutet darauf hin, dass gewisse neue Käufer selbst in Zeiten hoher Volatilität weiter aufstocken. Diese Entwicklungen tragen zu einem Markt bei, der weniger vom Retail-Verhalten sondern stärker von institutionellen Kapitalflüssen und Makrobedingungen bestimmt wird. Makroökonomische Leitplanken Zu guter Letzt prägen makroökonomische Bedingungen Bitcoin zunehmend stärker als der Halving-Zyklus. Die US-Notenbank beendete am 1. Dezember 2025 ihr „Quantitative Tightening“. Die Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen bleibt hoch, und mehrere Szenarien für 2026 beinhalten eine erneute Aufnahme expansiver Geldpolitik, sollte die amerikanische Wirtschaft Abkühlungssignale senden. Auch der erwartete Wechsel an der Spitze der Federal Reserve hin zu einer eher dovish ausgerichteten Führung wird von Marktteilnehmern als potentieller Katalysator betrachtet. Die globalen ökonomischen Bedingungen deuten zudem großteils auf einen Weg weiterer Lockerungen hin, während der Dollar gleichzeitig schwächer notiert – historisch ein Umfeld mit Rückenwind für Risikoanlagen. So zeigt auch der globale Liquiditätsindex wieder erste Anzeichen eines strukturellen Aufwärtsimpulses. Zwar bleibt die Rezessionsgefahr aktuell gering, jedoch ist das makroökonomische Umfeld hochsensibel gegenüber Daten und politischen Entscheidungen. Für Bitcoin bedeutet dies eine zunehmend direkte Kopplung an Liquiditäts- und Risikoappetit-Indikatoren, weit über die Halving-Dynamik hinaus. Auf dem Weg zu 2026-Hochs? Zum gegenwärtigen Stand ist die klassische Lesart, dass Bitcoin in diesem Zyklus bereits seinen Höchststand erreicht hat und in einen „Post-Halving-Abschwung“ übergegangen ist, weiterhin plausibel und muss als Basecase in Betracht gezogen werden. Wichtige technische Niveaus sind verloren gegangen und das Timing stimmt weitgehend mit früheren Halving-Zyklen überein (siehe Grafik auf der linken Seite) – auch wenn ein spekulatives „Blow-off-Top“ diesmal ausblieb. Doch deuten auch mehrere Faktoren darauf hin, dass sich der Markt weiterentwickelt haben könnte. Zyklusdauern haben sich manchen Analysten zufolge historisch verlängert, und die aktuellen Bedingungen weisen ihnen nach eher Merkmale einer „Mid-Cycle-Contraction“ auf. Institutionelle Anleger waren die Hauptkäufer während des aktuellen Rückgangs, der Preis reagiert immer noch stark auf Narrativ-Verschiebungen und der Markt folgt mittlerweile stärker Liquiditäts- und Politikentwicklungen als bisherigen Halving-Mechaniken. Makrotrends – von potenziellen Zinssenkungen bis zu möglichen QE-Szenarien, sowie direkte Stimuluszahlungen – könnten die Liquidität bis zu den amerikanischen Mid-Terms 2026 stützen. Insgesamt deutet vieles darauf hin, dass der Vier-Jahres-Zyklus zwar weiterhin ein nützliches Rahmenwerk darstellt, aber kein präzises Timing-Instrument mehr ist. Breitere Makrotrends und institutionelles Verhalten prägen Bitcoins Verlauf zunehmend und lassen die Möglichkeit eines verlängerten Zyklus mit späterem Gipfel zumindest offen. Der Bitcoin-Halving-Zyklus Beim Bitcoin-Halving wird etwa alle vier Jahre der sogenannte „Block-Reward“ halbiert, wodurch das Angebot neuer Coins sinkt. Historisch folgte darauf immer ein ähnliches Muster: Akkumulation, Expansion, neues Allzeithoch, anschließend ein mehrmonatiger bis mehrjähriger Abschwung, bis ein Preisboden gefunden wird. Klassisch wird dies als Reaktion auf den Angebots-Schock gedeutet. Ein weiterer Treiber dieses Musters ist der psychologische Faktor: Da viele Marktteilnehmer den Halving-Zyklus erwarten, handeln sie danach. In späten Phasen verkaufen „Long-TermHolders“ häufig aus Überlegung oder Angst vor dem vermeintlich „fälligen“ Abschwung – und verstärken ihn damit. So entsteht eine Art selbsterfüllender Mechanismus: Der Zyklus wirkt, weil genügend Menschen an ihn glauben. Kritiker betonen allerdings, dass davon unabhängige institutionelle Kapitalströme und Makrobedingungen zunehmend überlagernd wirken. Der seit Anfang 2023 gültige Aufwärtstrend hat eine Schramme abbekommen. Das vor- hergehende Tief im April lag bei 74.000 Dollar. 5.000 100.000 120.000 60.000 40.000 20.000 10.000 80.000 2020 2021 2022 2023 2024 2025 Bitcoin-Kurs in USD
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