70 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 6/2025 Doch was, wenn? Eine konkurrierende Sichtweise deutet darauf hin, dass der aktuelle Rückgang eher eine Zyklus-Korrektur als ein vollständiger Gipfel und nun folgender Abschwung sein könnte. Dabei könnte der Zyklushöhepunkt später als im traditionellen Vier-Jahres-Fenster liegen, möglicherweise erst 2026. Diese Perspektive hebt typische Merkmale eines „Mid-Cycle-Resets“ hervor: Der Preis bewegt sich um langfristige Fair-Value-Zonen, der Verkauf langfristiger Anleger lässt nach und Verlustmetriken stabilisieren sich. Diese Dynamiken erinnern eher an Korrekturphasen wie 2019 als an den Beginn eines vollständigen Abschwungs. Derivatemärkte haben sich ebenfalls normalisiert: überhebelte LongPositionen wurden weitgehend abgebaut, und das Verhältnis von Longs zu Shorts ist ausgeglichen. Diese Entspannung reduziert die Fragilität des Marktes, doch Volatilitätsmetriken zeigen, dass der Markt noch nicht im stabilen, ruhigen Akkumulationsbereich angekommen ist. Die Anspannung bleibt erhöht, deutet aber auf ein frühes Stadium eines Bodenbildungsprozesses hin. Sollte sich die globale Liquidität verbessern, könnten institutionelle Zuflüsse und ETFNachfrage eine spätere Fortsetzung des Zyklus unterstützen. In diesem Szenario bleibt das Halving relevant, ist aber nicht länger der primäre Taktgeber. Größere Bedeutung kommt den makroökonomischen Bedingungen, der Politik und dem institutionellen Verhalten zu (siehe Kasten links). Narrativer Druck im Taumel Auch Bitcoins Marktsentiment spielt weiterhin eine erhebliche Rolle bei der Preisbildung. Gleich mehrere Narrative verstärkten den Verkaufsdruck während des jüngsten Rückgangs: Viele sehr alte Wallets, die den Beginn eines zyklischen Abschwungs antizipierten, verkauften früher und auch deutlich größere Volumina als in bisherigen Zyklen. Dieser ungewöhnlich intensive Verkaufsdruck signalisierte für viele eine mögliche Trendwende und belastete die Marktstimmung. Gleichzeitig herrschte Unsicherheit durch fehlende US-Konjunkturdaten während des Government Shutdowns sowie durch widersprüchliche Interpretationen institutioneller Positionierungen, wie jene von Strategy und J.P. Morgan. Diese überlappenden Faktoren schufen ein Umfeld, in dem negative Nachrichten die zugrundeliegende Marktspannung immer weiter potenzierten, bis selbst moderate Verkaufswellen starke Preiseinbrüche bewirkten. Dem neuesten Aufschwung folgte nun der Richtungswechsel, als Vanguard – historisch einer der kryptoskeptischsten US-Asset-Manager – plötzlich den Zugang zu Krypto-ETFs für 50 Millionen Kunden öffnete. Zusammen Kursentwicklung seit dem Zyklustief Bitcoin steht dort, wo frühere Zyklen einbrachen, doch die sonst typische Blow-off-Manie blieb bisher aus. Dies wirft bei vielen die Frage auf, ob der Zyklus wie in der Vergangenheit weiterläuft oder ob der Markt seine alten Muster hinter sich lässt. Quelle: Glassnode 2011-2015 Zyklus 2 5 10 20 50 100 200 500 1 02/23 05/23 08/23 11/23 02/24 05/24 08/24 11/24 02/25 05/25 08/25 11/25 02/26 05/26 08/26 2015-2018 Zyklus 2018-2022 Zyklus 2022 Zyklus+ BLOCKCHAIN . Bitcoin Institutionelle Signale Es wird deutlich, dass sich die institutionelle Landschaft verschoben hat. Mit Vanguards Öffnung erhalten bald rund weitere 50 Millionen US-Privatanleger Zugang zu Bitcoin-Exposure. Zeitgleich empfehlen große Banken wie Bank of America erstmals strategische Krypto-Allokationen von ein bis vier Prozent, was Bitcoin weiter in traditionelle Portfoliostrukturen integriert. Und auch politisch gewinnt das Thema an Dynamik: Mehrere regulatorische Änderungen in den USA – von Marktstruktur-Reformen bis zu Regulierungen für Stablecoins – zielen auf klarere Rahmenbedingungen ab, die große Vermögensverwalter für eine Marktteilnahme benötigen. Parallel wächst die Bedeutung der Tokenisierung realer Vermögenswerte, ein Trend, den BlackRock und CME aktiv vorantreiben. Bitcoin profitiert indirekt davon, da die institutionelle Infrastruktur für digitale Assets insgesamt ausgebaut wird. Viele dieser gesetzlichen Entwicklungen entfalten ihren vollen Einfluss erst ab 2026, könnten aber bereits zeitnah Erwartungshaltungen verändern und strukturelle Nachfragepotenziale festigen.
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