Es ist dieses das älteste Buch über die Börse. Kernzitat: „Je mehr sich die Dinge ändern, umso mehr bleiben sie gleich.“ Soll heißen: Schon damals waren Vorgänge an den Aktienbörsen vielen Beobachtern ein Rätsel. Das psychologisch motivierte Verhalten von Investorengruppen lässt sich kaum rational erklären. Wie wäre es sonst verständlich, dass etwa ein erfahrener Superinvestor wie Softbank-Gründer Masayoshi Son seine Anteile an profitablen KI-Marktführern wie Nvidia oder Alphabet verscherbelt, nur um sich eine Riesen-Investition in Open-AI sowie weiteren KI- und Rechenzentrumsprojekten, die auf Jahre hinaus verlustbringend sein werden, leisten zu können? Die Börse reagierte nervös: Die Softbank-Aktie verlor deutlich an Boden. Auch Analysten sind sich uneins, ob dieser Schritt ein kluger Schachzug oder ein riskanter Balanceakt ist. Denn damit setzt der Hightech-Investor quasi alles auf eine Karte. Es darf nichts schiefgehen, damit dieser Masterplan aufgeht. Die Zinsen dürfen nicht steigen, die US-Wirtschaft darf nicht in eine Rezession abdriften, die Financiers aus dem Private Equity- und Private CreditBereich (denn Banken wären Kredite für ein solches Wagnis viel zu riskant gewesen) müssen die Nerven behalten, es muss genügend Strom zum Betrieb der Rechenzentren geben, die Preise kritischer Rohstoffe dürfen nicht steigen, ... und, und, und. US-Wirtschaft bleibt stark Die positive Nachricht: Volkswirte der Großbanken erwarten eine weiterhin robuste US-Konjunktur. So meint Karin Kunrath, Chief Investment Officer bei Raiffeisen Capital Management: „In den USA gehen wir von einer ähnlichen oder leicht höheren Wachstumsdynamik als 2025 aus, getrieben von einer expansiven Fiskal- und Geldpolitik und einem KI-induzierten Investitionsboom.“ Doch könnte dann nicht eine anziehende Inflation zum Problem werden? „Das glauben wir nicht, da in den USA die Zölle keine negativen Auswirkungen mehr haben werden“, so Kunrath. Eine Gefahr in dieser Hinsicht besteht dennoch: Wenn der neue, dem US-Präsidenten Trump zugeneigte USNotenbankchef, dessen Wünsche nach weiteren Zinssenkungen erfüllt, obwohl diese nicht notwendig wären. Dann könnte der US-Wirtschaftsmotor überhitzen und eine steigende Inflation doch zum Problem werden. Dies würde für die Finanzmärkte eine Phase erhöhter Unsicherheit nach sich ziehen, da die Unabhängigkeit der US-Notenbank in Zweifel gezogen würde. Die Folgen: Ein schwächerer US-Dollar und anziehende Renditen bei US-Staatsanleihen: die kann die Notenbank nicht beeinflussen. Ein derartiger Mix wäre geeignet, eine Korrektur an den Aktienmärkten auszulösen. Branchenmix für 2026 Wie sollten Anleger also ihre Portfolios aufstellen, was die Branchengewichtung angeht? Kunrath erwartet, dass der Bereich Technologie nicht mehr so stark im Fokus stehen könnte. „Wir sehen ein Comeback des breiten Marktes, auch weil das Thema KI nicht mehr nur im Techsektor zu spielen ist, sondern auf andere Branchen übergreifen wird.“ Kandidaten für eine solche Entwicklung wären etwa die Bereiche Health Care und Pharma, zyklischer Konsum oder erneuerbare Energien. Mit Investments in diesen Sektoren können sich Investoren -gegen einen Stimmungsumschwung im Bereich Hightech und KI wappnen. Gibt es eine KI-Blase? Angesichts widersprüchlicher Prognosen zum Thema Technologie und KI kann man Anlegern nur die Lektüre des Börsenbuchklassikers „Die Verwirrung der Verwirrungen“ von Joseph de la Vega aus dem Jahr 1688 empfehlen. WOLFGANG REGNER „Wir erwarten, dass das Thema Künstliche Intelligenz nicht nur im Technologiesektor, sondern auch in anderen Branchen zu spielen sein wird.“ Karin Kunrath, CIO Raiffeisen Capital Management Ausgabe Nr. 6/2025 – GELD-MAGAZIN . 33
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