Rosarot präsentieren sich Status quo und nahe Zukunft der heimischen Wirtschaft nicht. Aber es gibt Hoffnung: Die Konjunktur zieht (wenn auch gemächlich) jetzt schon an, im kommenden Jahr und 2027 soll es dann noch besser laufen. Bei der Teuerung verharrt Österreich weiter über dem EU-Schnitt. Die heimische Wirtschaft ist von einer langen Durststrecke geprägt, wie geht es jetzt weiter? Vor allem die Inflation bereitet vielen Bürgerinnen und Bürgern Kopfzerbrechen ... Die gute Nachricht lautet: Die Rezession ist zu Ende, denn Österreichs Wirtschaft ist im ersten Halbjahr 2025 wieder gewachsen. Für das das Gesamtjahr 2025 erwarten wir laut aktueller OeNB-Prognose ein BIP-Wachstum von 0,3 Prozent. 2026 und 2027 werden Steigerungsraten von 0,8 bzw. 1,1 Prozent prognostiziert. Die Inflation steigt 2025 auf 3,5 Prozent an, bevor sie 2026 auf 2,4 Prozent sinkt. Damit wird die Teuerung hierzulande noch über dem Durchschnitt des Euro-Raums liegen, die Differenz verringert sich allerdings. Auch 2027 wird die Inflationsrate mit 2,3 Prozent in Österreich laut Prognose noch nicht ganz am Zielwert von zwei Prozent sein. Was sind die Gründe für die vergleichsweise doch hohe Teuerung in Österreich? Das lässt sich auch durch das Auslaufen von Einmaleffekten erklären, wie beispielsweise der Strompreisbremse, die Ende 2024 ausgelaufen ist und die Preise dadurch erhöht hat. Andere Ursachen sind, erstens, der vergleichsweise größere Anteil des Dienstleistungssektors an der Gesamtwirtschaft, so dass sich die Dienstleistungs-Inflation im Warenkorb stärker widerspiegelt. Zweitens der Energiesektor: Wir waren stark von Gasimporten abhängig, der starke Preisanstieg heizte die Inflation an. Und Drittens: Im kommenden Jahr sind einige Gebührenerhöhungen geplant, was 0,2 Prozentpunkte zur Teuerungsrate beitragen wird. Insgesamt ist die höhere Inflation natürlich nicht nur aus Konsumentensicht bedenklich, weil steigende Kosten zum Verlust von Wettbewerbsfähigkeit führen. Was lässt sich dagegen unternehmen? Man kann einen teilweisen Ausgleich über gesteigerte Produktivität anstreben, wofür vor allem Innovation gefragt ist. Der Anstieg der Energiepreise sollte eingeschränkt werden. Damit meine ich aber keine direkten Preiseingriffe, sondern mehr Effektivität durch gesetzliche Maßnahmen. Etwa, was das Elektrizitätswirtschaftsgesetz betrifft, Einspeisung, Netzwerkentgelte etc. Auch beim Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und den Genehmigungsverfahren gibt es Potenzial; wir müssen dafür sorgen, schneller zu mehr Erneuerbarer Energie zu kommen. Was halten Sie von dem kontroversiell diskutierten Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu reduzieren? Hier bin ich skeptisch, denn so ein Schritt würde natürlich Ausfälle auf der Einnahmenseite zur Folge haben – was sich vor allem angesichts der aktuellen Budget-Situation schwer darstellen lässt. Auch wären die Auswirkungen auf die Inflation wohl gering, weil die fehlenden Einnahmen gegenfinanziert werden müssten. Was übrigens gerne übersehen wird: Die Lebensmittelpreise in Österreich sind in den letzten Jahren ähnlich gestiegen wie die Preise anderer Güter, INTERVIEW . Martin Kocher, Oesterreichische Nationalbank „Die Rezession ist zu Ende“ Der österreichischen Wirtschaft geht es nicht glänzend, aber zumindest wurde der Wachstumspfad wieder aufgenommen. Auch bei der Inflation ist Besserung in Sicht, so der renommierte Ökonom und ehemalige Wirtschaftsminister Kocher. HARALD KOLERUS Credits: OeNB ZUR PERSON Martin Kocher kann sich mit einer ganzen Reihe akademischer Titel schmücken: Universitäts-Professor, Magister und Doktor. Geboren wurde er 1973 in Salzburg, seine Habilitation in Volkswirtschaftslehre erfolgte an der Uni Innsbruck. Kochers berufliche Karriere umfasst unter anderem die Funktion als Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS). Zu noch höherem berufen, wurde Kocher Bundesminister für Arbeit, Familie und Jugend sowie später für Arbeit und Wirtschaft. Nach dem Abschied aus der Bundespolitik nahm er 2025 die Position des Gouverneurs der Oesterreichischen Nationalbank an. 8 . GELD-MAGAZIN – Ausgabe Nr. 5/2025
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