Ausgabe Nr. 5/2025 – GELD-MAGAZIN . 11 Heiß umstritten Donald Trump schwingt die „Zoll-Keule“, aber auch andere protektionistische Maßnahmen erschweren den Welthandel und legen der Globalisierung Steine in den Weg. Als Gegenbewegung ist das Zusammenrücken von Wirtschaftsblöcken logisch. An Mercosur, dem Handelabkommen zwischen Europa und Lateinamerika, wurde lange gefeilt, jetzt ist die Umsetzung in Sicht. Nicht sehr ambitioniert Es gibt noch Stolperfallen im Ratifizierungsprozess seitens der EU (siehe Fahrplan auf Seite 12), aber was ist von dem Abkommen überhaupt zu halten, sollte es wirklich in Kraft treten? Harald Oberhofer, Ökonom am WIFO, erklärt im Gespräch mit dem GELDMagazin: „Im Vergleich mit ähnlichen Verträgen ist Mercosur wenig ambitioniert. So geht CETA, das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, zum Beispiel beim Zollabbau viel weiter. Der Mercosur-Vertrag sieht etwa bei sensiblen landwirtschaftlichen Produkten wie Rindfleisch Quotenregelungen vor. Hinzufügen möchte ich auch, dass in der EU ein ,Förder-Topf‘ für Landwirtschaft eventuelle Schäden im Agrarbereich abfedern soll. Außerdem gibt es Schutzklauseln für beide Seiten: Wenn volkswirtschaftliche Schäden in Sicht sind, können Liberalisierungsschritte rückgängig gemacht und Zölle wieder hinaufgesetzt werden. Ungewöhnlich ist dabei, dass diese Schäden nur absehbar und nicht bewiesen sein müssen – wie bei anderen vergleichbaren Verträgen üblich.“ Alles in allem ist das Abkommen also sehr vorsichtig formuliert, um Befürchtungen zu beruhigen und den Pakt politisch durchsetzbar zu machen. Oberhofer: „Falls das nicht gelingt, wird die EU für andere Handelspartner unattraktiv. Ein Scheitern würde unsere Rolle international schwächen, Vertrauen verloren gehen.“ Auch ökonomisch hält der Experte das Abkommen für sinnvoll: „Laut Berechnungen der London School of Economics würde es in der EU das Niveau des BIP um 0,1 Prozent oder elf Milliarden anheben. Das klingt zunächst nach nicht viel, wobei der Schaden der trumpschen Zoll-Politik für die EU auf 0,2 Prozent des BIPs geschätzt wird. Somit könnte immerhin die Hälfte des Verlusts durch Mercosur kompensiert werden.“ So weit, so gut, es gibt aber auch fundamentale Kritik. „Giftabkommen“ Eindeutig negativ ist Greenpeace positioniert, die Umweltorganisation bezeichnet Mercosur als „Giftabkommen“. In einer Stellungnahme heißt es: „Der veraltete Pakt soll den Handel mit umwelt- und klimaschädlichen Produkten erleichtern. In den Mercosur-Staaten sind das vor allem Rindfleisch und Futtersoja. Um deren Produktion zu steigern, werden Weide- und Anbauflächen benötigt, was Natur wie den bereits bedrohten Amazonas-Regenwald weiter gefährdet. Aus der EU sollen neben Autos insbesondere Einwegplastik, aber auch Pestizide günstiger exportiert werden – eine Gefahr für das Klima und die menschliche Gesundheit.“ Greenpeace fordert daher eine grundlegende Neuverhandlung des Vertrags „im Sinne von Klima und Natur“. Wie realistisch das ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Viele Beobachter gehen davon aus, dass das Abkommen, wenn es nicht in vorliegender Form kommt, gestorben ist. Weiters hält etwa das deutsche Landwirtschaftsministerium entgegen: „Alle eingeführten Erzeugnisse müssen auch weiterhin die Anforderungen der EU erfüllen, das bedeutet die „Nur zwei bis drei Prozent aller Exporte der EU gehen in die Mercosur-Region.“ Bernhard Tröster, Ökonom, ÖFSE Mercosur – also das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den meisten südamerikanischen Staaten – biegt in die Zielgerade. In Zeiten von Protektionismus ist das begrüßenswert, aber es gibt auch Kritik. HARALD KOLERUS „Gegen Mercosur haben sich Italien, Polen, Frankreich und Österreich positioniert. “ Harald Oberhofer, Ökonom, WIFO/WU
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