Betrachten wir die Einnahmenseite steuersystematisch, würde eine Erbschaftssteuer ins Bild passen. Im Gegenzug müsste dafür die Belastung von Arbeit zurückgefahren werden. Wobei ich allerdings nicht glaube, dass unsere ökonomischen Probleme durch höhere Einnahmen gelöst werden können. Das wäre nicht nachhaltig, denn die Ausgaben steigen stärker als die Einnahmen. Diese Dynamik muss durchbrochen werden. Apropos Einnahmen: Erweist sich die teilweise Abschaffung der Kalten Progression jetzt als budgetäres Eigentor? In einer gewissen Weise kann man das schon so sagen. Das Problem ist allerdings, dass die Einnahmendynamik reduziert, aber die Ausgabendynamik erhöht wurde. Das führt ins Desaster. Wenn allerdings die Kalte Progression nicht abgeschafft worden wäre, entspräche das einer ständigen Steuererhöhung, was auch nicht der richtige Weg sein kann. Bedenken Sie dabei bitte, dass wir in Österreich bereits eine sehr hohe Steuer- und Abgabenquote haben, das stößt irgendwann an seine Grenzen. Wie schätzen Sie den aktuellen Zoll-Deal mit den USA für die EU und vor allem für Österreich ein? Aufgrund der Vorgehensweise von Trump wissen wir noch nicht wirklich, was genau kommen wird. Klar ist jedenfalls: Jeder Zoll belastet den Austausch von Gütern, die Erhöhungen sind somit negativ zu sehen. Es gibt Studien, die berechnen, dass das neue Zollregime einige Zehntelprozentpunkte an Wirtschaftswachstum kosten wird. Abgesehen davon, welche strukturellen Herausforderungen gilt es für Österreich mittel- bis langfristig zu lösen? Ansetzen sollte man jedenfalls beim herrschenden System des Föderalismus mit seinen vielen Parallelen und Überschneidungen. Was hergehört, ist eine Kompetenzbereinigung zwischen Bund und Ländern. Ein „Dauerbrenner“ sind die Pensionsausgaben, zusätzlich heiß diskutiert wird die Teilzeitarbeit. Ihre Meinung dazu? Wir benötigen eine Reaktion auf die steigende Lebenserwartung, sprich: es muss länger gearbeitet werden. Das bedarf allerdings einer vieljährigen – sagen wir 10 bis 15 Jahre – Übergangsfrist. Es ist jetzt nicht entscheidend, ein konkretes Alter zu nennen, wie etwa mit 70 Jahren in Pension zu gehen. Wichtig ist, die Lebensarbeitszeit abhängig von der Lebenserwartung zu verlängern. Und wenn wir als Beispiel sagen, dass der Pensionsantritt in 10 oder 15 Jahren mit 67 erfolgen sollte, muss das nicht immer so bleiben. Wichtig ist die soziale Absicherung: Kranke bzw. nicht mehr leistungsfähige Menschen müssen die Möglichkeit haben, früher in Rente zu gehen. Punkto Teilzeitarbeit: die politische Debatte wird nicht seriös geführt. Diese kann langfristig zu einem Problem in der Altersversorgung führen; das gilt allerdings auch für Menschen, die in Vollzeit arbeiten, aber nicht viel verdienen und somit auch nicht viel ins Pensionssystem einzahlen. Wir beobachten eine steigende Arbeitskräfte-Knappheit, es gibt für die Beschäftigung von Frauen viel Potenzial. Hier gehört, Stichwort Kinderbetreuung, der Hebel angesetzt. www.fiskalrat.at Die Sparmaßnahmen im aktuellen Budget hält Ökonom Badelt grosso modo für in Ordnung. ZUR PERSON Prof. Dr. Christoph Badelt (geboren am 26. Februar 1951 in Wien) zählt zu den bekanntesten und renommiertesten österreichischen Ökonomen. 1984 erfolgte seine Habilitation an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Bis zu seiner Ernennung zum Rektor der WU im Jahr 2002 war er dort in mehreren leitenden Positionen tätig. 2015 beendete er seine Tätigkeit als Rektor. Von September 2016 bis Ende September 2021 war Badelt neben seiner Funktion als Professor an der WU auch Leiter des WIFO. Gastprofessorentätigkeiten übte er an der University of Wisconsin, Madison, USA und an der Universität Klagenfurt aus. Seit Mitte Mai 2021 ist er Präsident des Fiskalrates, seit Anfang April 2022 Vorsitzender des Produktivitätsrates. Ausgabe Nr. 4/2025 – GELD-MAGAZIN . 19
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