GELD-Magazin, Nr. 4/2025

Ausgabe Nr. 4/2025 – GELD-MAGAZIN . 11 Der Trendpfeil zeigt bei Investitionen in Militär und Rüstung bergauf. Quelle: SIPRI Entwicklung globaler Rüstungsausgaben in Milliarden US-Dollar Amerika Asien & Ozeanien Europa Afrika & Naher Osten 2.500 2.000 1.500 1.000 500 1993 1.281 2003 1.411 2013 1.893 2023 2.394 0 den Vereinigten Staaten parteiübergreifender Konsens, dass die Konzentration auf Asien erfolgt.“ Schon alleine deshalb, weil auch die militärischen Mittel der USA irgendwann an ihre Grenzen stoßen. Es wäre ein Irrglauben, dass nach der Ära Trump, die Vereinigten Staaten wieder als uneingeschränkter Verteidiger Europas in die Bresche springen würden. Steindl: „Europa muss deshalb seine Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit stärken. Das betrifft natürlich finanzielle Mittel, Kapazitäten und spezifische Fähigkeiten. So haben Berechnungen ergeben, dass die verfügbare Produktion von Flugabwehrraketen für Europa derzeit gar nicht ausreichen würde, um massive Luftangriffe Russlands aufgrund der dort bereits expandierten Produktion von Raketen abzufangen. Aber auch Verteidigungsbereitschaft ist wichtig, was mit klarer Kommunikation der Politik zusammenhängt. Es muss also auch die geistige Landesverteidigung gestärkt und über Bedrohungslagen etwa für das Baltikum und Polen aufgeklärt werden.“ Zur Idee einer EU-Armee sagt der Experte: „Darüber wird gerne gesprochen, man hat sich aber auf kein klares Konzept geeinigt. Ich glaube, solange die NATO mit den USA als wichtigsten Partner besteht, wird es hier keine großen Fortschritte geben. Für eine EU-Armee wäre auch die Änderung wichtiger europäischer Verträge notwendig, etwa die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Kurzum: Eine eigene EU-Armee, wie immer sie auch ausgeformt sein könnte, halte ich nur für realistisch, wenn sich die EU zu einer politischen Union entwickelt. Bis dahin halte ich Lösungen im Rahmen der NATO für wahrscheinlicher.“ Neutral – alles egal? Welchen Beitrag kann nun das kleine (aber gleichzeitig wohlhabende) Österreich zur Verteidigung der EU beitragen? Wobei natürlich die Neutralität als politisches Element ins Spiel kommt. Dazu muss man einiges wissen: Russland pocht lautstark auf die Neutralität Österreichs. Inklusive unverhohlener Drohungen. Durch einen Beitritt zur NATO steige das Risiko erheblich, „dass die Einheiten des österreichischen Bundesheeres in die Langstrecken-Einsatzpläne der russischen Streitkräfte einbezogen werden könnten“, so Russlands ehemaliger Präsident Dmitri Medwedew, heute Vizechef des russischen Sicherheitsrates. Wobei es kein Geheimnis ist, dass Österreich als demokratischer und marktwirtschaftlich funktionierender Staat natürlich dem Westen immer geneigter war als der Einflusssphäre der damaligen Sowjetunion. Michael Steindl: „Auch hätten in Zeiten des Kalten Krieges die Pläne von NATO und Warschauer Pakt das strategisch wichtige Territorium Österreichs im Falle einer ,heißen‘ Auseinandersetzung miteinbezogen. Ebenfalls wichtig: Österreich hat mit seinem EU-Eintritt den Neutralitäts-Vorbehalt innerhalb der GSVP aufgegeben und ist im Notfall zu Beistand verpflichtet. Aufgrund der Irischen Klausel muss dieser nicht militärischer Natur sein, aber Österreich könnte dann auch Truppen versenden. Wobei die Sicherung von Transportkorridoren bzw. logistische Unterstützung wohl wichtiger wäre. Was Österreich sicherheitspolitisch und militärisch leisten kann, ist also nicht eine Frage des Könnens, sondern des Wollens. Ich meine, all diese Aspekte brauchen ein offene Diskussion.“ Heißes Eisen Gerade diese Diskussion wird in Österreich allerdings auf Sparflamme gehalten, den meisten Mut scheinen die NEOS zu haben, das heiße Eisen anzugreifen. Die anderen Parteien winken ab. Wohl auch mit Blick auf die Stimmungslage: 74 Prozent der Befragten einer Gallup-Analyse (aus dem Jahr 2024) in Österreich sind der Meinung, es sei sicherer, die Neutralität beizubehalten, als der NATO beizutreten. Die Argumentation ist dafür immer gleichlautend, die Neutralität gehöre zur heimischen Identität, habe in der Vergangenheit für Sicherheit gesorgt, etc. Die heilige Kuh bleibt also bis auf weiteres geschützt. Ob das allerdings auch Österreich tatsächlich schützt, steht in Zeiten einer erodierenden Weltordnung auf einem anderen Blatt. „Europa ist nicht verteidigungsfähig.“ Klaus Anderle, Oberst und Experte für Militärpolitik, Österreichisches Bundesheer

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