verunsichert zurück“, analysieren CEO Torsten Steinbrinker und Adrian Roestel, Leiter Portfoliomanagement der Reichmuth Integrale Vermögensverwaltung. Auch nicht beruhigend: Die Steuersenkungen des „One Big Beautiful Bill“ (das von Trump initiierte „große, wunderschöne Gesetz“) dürften das staatliche Budgetdefizit über mehrere Jahre auf sechs bis sieben Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung heben sowie Staatsverschuldung und Zinslast mittel- und langfristig immens ausweiten. Diese Aussichten führten dazu, dass mit Moody‘s die letzte der drei großen Ratingagenturen den Vereinigten Staaten die „AAA“-Bestnote für ihre Schulden entzog. Schlapper Dollar Welche Auswirkungen haben all diese Entwicklungen nun auf den Greenback als weltweite Leitwährung? Dazu Wirtschaftsexpertin Christen vom WIFO: „Die Hegemonie des US-Dollars kann kurzfristig nicht beendet werden, immerhin werden rund 60 Prozent der Devisenreserven in Dollar gehalten. Es gibt aber Trends, die den Greenback etwas schwächen könnten. So wie der Versuch Chinas, den Yuan zu internationalisieren und gemeinsam mit Russland ein alternatives Zahlungssystem zu SWIFT aufzubauen.“ Auch der Euro habe Potenzial, stärker mitzumischen, wenn sich der EU-Binnenmarkt weiter vertieft und die Integration in Richtung einer Kapitalmarktunion voranschreitet. Tatsache ist jedenfalls, dass sich der Dollar gegenüber vielen Währungen der Industrie- und Schwellenländer anhaltend „weich“ zeigt. Laut Jens Søndergaard, Währungsanalyst bei der Capital Group, muss das aber noch keine nachhaltige Schwäche des Greenback bedeuten: „Solange es keine glaubwürdige Alternative gibt, wird der Dollar seine Rolle als Reserve- und Fluchtwährung behalten, auch wenn geopolitische Risiken und politische Unwägbarkeiten zunehmen.“ Allerdings: Stimulierungsmaßnahmen in Europa, etwa durch geplante Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur in Deutschland, sowie erste fiskalische Lockerungen in China, könnten mittelfristig das Gleichgewicht verschieben. „Wir beobachten hier interessante Dynamiken, die bei entsprechender Umsetzung durchaus das Potenzial hätten, den Dollar auf längere Sicht zu schwächen“, erklärt Søndergaard. Sein Fazit lautet: Auch wenn sich die Dominanz des Dollars auf dem Prüfstand befinde, sei ein abrupter Machtwechsel an der Währungsspitze nicht zu erwarten. Die Macht bröckelt Fassen wir zusammen: Die USA haben durch Trump 2.0 an Stärke eingebüßt. Das betrifft vor allem „Soft Power“ durch die Strapazierung der diplomatischen Beziehungen auch zu befreundeten Staaten, siehe Europa, Kanada usw. Wenn Vertrauen als Währung gelten darf, haben die Vereinigten Staaten einen Sturzflug erlitten. Aber auch die ökonomische Macht schwindet: Laut Zahlen von Statista machte die USWirtschaft in den 1980er Jahren rund 22 Prozent des globalen BIP aus, heute sind es knapp 15 Prozent – Tendenz weiter fallend. Daran ist natürlich nicht Donald Trump schuld, sondern die langfristige Emanzipation der Emerging Markets mit China als Speerspitze. Trump will dem entgegensteuern, ob seine Politik des zerbrochenen Porzellans dabei der richtige Weg ist, muss bezweifelt werden. The Clash Studierende der Politikwissenschaften kamen in den 1990er Jahren an zwei Pflichtlektüren nicht vorbei. Erstens: „Das Ende der Geschichte“ von Francis Fukuyama. Im Taumel des Mauerfalls prognostizierte der US-Politologe, dass sich die Demokratie westlicher Prägung und die liberale Marktwirtschaft bis in alle Ewigkeit fortentwickeln würden. Noch kürzere Zusammenfassung: Friede, Freude, Eierkuchen. Ein Fehlurteil. Keine Panik Zweitens: In „Kampf der Kulturen“ prophezeit Samuel P. Huntington, dass nach dem Kalten Krieg kulturelle und religiöse Unterschiede die Hauptkonfliktlinien der Weltpolitik prägen würden. Die Menschheit sei in Kulturkreise geteilt - etwa westlich, islamisch, chinesisch, deren Werte unvereinbar seien. Der „Clash of Civilizations“, so der Originaltitel, sei vorprogrammiert. Diese Argumentation hat sich teilweise bewahrheitet, doch von einem Zusammenstoß zwischen den USA und Europa, also ähnlichen Kulturen, war nichts zu lesen. Genau in diesem „Clash“ befinden wir uns heute, was tun? Bleiben wir bibliophil, die Kernaussage von „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams lautet: „Don´t panic“. Vielleicht löst sich der Spuk namens Trump an Selbstzerfleischung von selbst auf. Hoffen darf man ja. [email protected] EIN KOMMENTAR VON Harald Kolerus, leitender Redakteur, GELD-Magazin „In einer geopolitisch unsicheren Zeit könnte sich die EU noch mehr als verlässlicher Handelspartner positionieren.“ Elisabeth Christen, Senior Economist am WIFO Ausgabe Nr. 3/2025 – GELD-MAGAZIN . 9
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